Seite - 287 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Steiermark, Band 7
Bild der Seite - 287 -
Text der Seite - 287 -
287
einer der fruchtbarsten Bearbeiter innerösterreichischer Stoffe in poetischer und prosaischer
Form, er hat zahlreiche Volkssagen gesammelt, Archive und Bibliotheken durchforscht uud
die Resultate seiner Untersuchungen zumeist in novellistischer Form niedergelegt. Von ihm
rühren auch einige Dramen her, welche zum Theil zur Aufführung gelangten. Neben ihm
sind die gleichstrebenden Schriftsteller I. A. Suppantschitsch und I. V. Sonntag zu nennen,
beide nicht minder bemüht, jede literarische Gattung zu pflegen, insbesondere war auch
Souutag auf dem Gebiete der Sage und des Volksliedes als eifriger Sammler thätig.
Eine beachtenswerthe Begabung besaß der durch seine lyrischen Natnrschildernngen
ausgezeichnete Victor Znsner, welcher im Jahre 1874 zu Graz starb und dessen Lieder
auch in der Form stets tadellos zu den aumnthigsten ihrer Gattung in Österreich gehören.
Als heimischer Romanschriftsteller ist Karl Lewohl zu nennen, welcher in der historischen
Erzählung „Schloß Wildon" (1844) seine Heimat verewigte.
Die bisher genannten Schriftsteller und Dichter gehören noch der vormärzlichen
Periode an, wenn auch ihre Thätigkeit mitunter in die Fünfziger-Jahre herübergreift. Die
geänderten politischen Verhältnisse, die Klärung auf dem Gebiete der Literatur und die
neuen Lebeusauschauungen, welche das achtnndvierziger Sturmjahr geschaffen, haben ein
neues poetisches Geschlecht im Lande herangebildet. Einer nur ragt noch aus jeuer Zeit
in die neueste herüber, der fast neunzigjährige Karl Gottfried Ritter von Leitner; er ist
das Prototyp des deutschen steiermärkifchen Poeten, seit 1820 dichterisch thätig, hat er
nicht allzuviel geschaffen, aber in Form und Inhalt die Werke der Zeitgenossen Über-
ragendes. Neben edlen lyrischen Blüten verdanken wir ihm eine reiche Zahl von Balladen
und Romanzen in echt Goethe'schem Geiste gehalten. Leitners Lieder besingen Natur und
Liebe und keines ist darunter, das unbedeutend genannt werden kann, sein Gesang ist stets
frisch geblieben, sein Gemüth stets tief, er nimmt einen Ehrenplatz ein auf dem öster-
reichischen, auf dem deutschen Parnaß. Die erste Sammlung seiner „Gedichte" erschien im
Jahre 1825, wehmüthig klingt die Borrede, welche er einer Nachlese „Novellen und Gedichte"
im Jahre 1880 beifügte. Leitner hat mehrere Operntexte verfaßt, auch als Schriftsteller
auf dem Gebiete der heimischen Topographie, Culturgeschichte und Biographie ist er auf-
getreten. Sein Lebensbild: „Erzherzog Johann Baptist" ist die beste Lebensschilderung des
für Steiermark unvergeßlichen Fürsten. Er sei es, welcher zur Darstellung der Neuzeit
herüberleitet, in der eine Zahl höchst bedeutender Poeten in der Steiermark aufgetreten sind.
An der Spitze derselben steht Robert Hamerling (1830 zu Kirchberg am Walde in
Niederösterreich geboren), ein Dichter mit dem Charakter höchster Genialität, dem die
süßesten Töne der Lyrik, die sattesten Farben epischer Malerei zur Verfügung stehen.
Einen so gewaltigen hinreißenden Schwung wie Hamerling im „Schwanenlied der
Romantik", eine so plastische Darstellung wie im „Ahasver in Rom" hat kein Dichter
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Band 7
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Steiermark
- Band
- 7
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1890
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.09 x 22.51 cm
- Seiten
- 432
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch