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Zahl aufweist. Die hervorragendste Stelle nimmt der Karner von Hartberg ein durch
Reichthum und Zierlichkeit der Gliederungen. Diesem Objecte zunächst wären zu nennen:
die von St. Lambrecht, Köflach, Gamlitz, Marein bei Nenmarkt, St. Georgen ob Mnran,
Bruck an der Mnr, Pols und Fahring. — Von romanischer Profanarchitektur ist kaum
Neunenswerthes erhalten, ab und zu in Schloßruinen eine Thür oder ein Fenster, so auf
der Frauenburg bei Unzmark, Hohenwang im Mürzthale, Schloß Thalberg, Reichenburg
an der Save oder einzelne Details, Säulen mit Capitälen oder Scnlpturen wie an
manchen Häusern in Graz, jedoch nicht mehr am Orte ihrer ursprünglichen Bestimmung.
Allmälig war die Kunst des Bauens in die Hände von Laien übergegangen. Die
Bauhütten waren die Centralpnnkte, wo die Werkmeister gebildet wurden, welche dann
den neuen Stil und dessen eigenartige Constrnctionen im weiten Umkreise verbreiteten. Die
Wiener Banhütte übte naturgemäßen Einfluß auf die österreichischen Lande und speciell
auf Steiermark. Fürsten, wie Rndols der Stifter, Otto der Fröhliche, Ernst der Eiserne
und namentlich Kaiser Friedrich III., welcher öfters in Graz Hof hielt, weckten und
begünstigten die glaubenseifrige Baulust. Als ältestes frühgothisches Werk gilt die
Pfarrkirche von M n r au. Das Ufer der Mur erhebt sich terrassenförmig, die Häuser
treten aus dem Grün der Berglehne hervor und malerisch ragt über dieselben in einfacher,
streng coustructiver und klarer Form die Kirche empor. Es ist eine Kreuzanlage, die
Vierung trägt einen Centralthnrm, welcher über den gleich hohen Dächern von Hoch-
und Querschiff und Chor ins Achteck übergeht. Die niedrigen Seitenschiffe haben stark
vortretende Strebepfeiler, welche über das Dach reichen und durch Schwebebogen mit
den Hochschiffmauern verbunden sind, so dem Schübe der Hauptgewölbe entgegenwirkend.
Das Querschiff und der polygonale Chor sind mit diagonalen Strebepfeilern versehen. Die
Arkadenbogen des Inneren sowie die Fenster sind im stumpfen Spitzbogen gestaltet, die
Langschiffpseiler achteckig, die der Vierung kantig verstärkt und mit vorgelegten Halbsänlen
in Verbindung, welche die großen Gurtbogen tragen, während die Gewölberippen im
Mittelschiffe und Chor auf profilirten Eonsolen ruhen. Als Erbauer ist Otto der Alte von
Lichtenstein, ein Enkel des Minnesängers Ulrich, urkundlich bekannt und dürfte die Bauzeit
etwa zwischen 1296 und 1304 fallen. Die Eingangshallen vorne und an den Seitenschiffen
uebst den beiden kleinen Kapellen vor dem Querschiffe datireu aus viel späterer Zeit.
Wenn an diesem Bauwerke noch die Grnndlage der alten Basilica ausgeprägt ist,
so zeigt sich die weitere Entfaltung der gothischen Bauweise in den Hallenkirchen, welchem
Systeme die meisten der größeren Kirchen Steiermarks angehören. Eines der markantesten
Beispiele derselben ist die Kirche von Mar ia -S t raßenge l , zugleich eiu wahres Kleinod
in der ganzen Durchführung. Bündelpfeiler mit reichornamentirten Capitälen, an den
Wänden Confolen ebenfalls mit Laubwerk und symbolischen Thiergestalten geschmückt,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Band 7
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Steiermark
- Band
- 7
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1890
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.09 x 22.51 cm
- Seiten
- 432
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch