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tragen die Rippen der im schlanken Spitzbogen aufsteigenden Gewölbe in den drei zwar
ungleich breiten, aber gleich hohen Schiffen, deren jedes mit einem im halben Achteck
geschlossenen Chore endigt. Schlanke mit edlem Maßwerk belebte Fenster erhellen reichlich
diesen schönen Raum. Das zart profilirte Westportal zeigt in seinem spitzbogigen Tympanon
den englischen Gruß im Relief und wird von einem energisch aufstrebenden, mit Krabben
und Kreuzblumen gezierten Wimperg uud zwei langgestreckten Fialen eingerahmt. Oberhalb
ist ein mit reichem Maßwerk versehenes Rundfenster angebracht. Zwei ähnliche in der
Form sphärischer Vierecke befinden sich in den beiden anschließenden Jochen der südlichen
Außenwand, welche ebenfalls ein hübsches Portal enthält, über dem sich zwischen den
Strebepfeilern ein Segmentbogen spannt. Ganz eigenthümlich ist der achteckige Thurm
über dem Chorschlusse des nördlichen Seitenschiffes aufgebaut, welcher mit seinem durch-
brochenen Steinhelm, den die Laternenfenster überdeckenden Wimpergen mit dazwischen
auf Säulchen postirten Engelsfiguren und den die unteren Geschosse zierenden Bogen-
friesen, Wappen und Blendmaßwerken ebenso geistreich in der Entwicklung, wie reizend
in seiner Durchbildung ist. Der Bau, 1331 bis 1355 unter dem Abt Hartwig ausgeführt,
entging durch glückliche Umstände der bereits 1788 drohenden Demoliruug und wurde
die arg beschädigte Kirche 1868 bis 1876 einer gründlichen Restauration unterzogen.
Eine Hallenkirche in noch eonsequeuterer Durchführung des Systems ist die Kloster-
kirche zu Neuberg. Der Grundriß besteht in einem einfachen Rechteck, in neun Joche
getheilt. Der Raum wirkt trotz des Mangels eines eigentlichen Chores dnrch seine kühn
aufstrebenden Pfeiler, die reichen Maßwerkfenster und schönen Verhältnisse ganz vorzüglich.
An der Südseite baut sich das Kloster au mit einem prächtigen Kreuzgang, sechseckigem
kapellenartigen Brunnenhaus, Kapitelsaal, Refektorium und allen sonstigen Räumlichkeiten.
Ju der unter dem Kapitelsaale befindlichen, mittelst einer offenen Stiege zugänglichen
Gruft sind bestattet der Stifter Herzog Otto der Fröhliche, gestorben 1339, seine beiden
ihm vorangegangenen Franen und seine zwei Söhne. — Die größte Kirche Steiermarks
ist die des Benedictinerstiftes St. Lambrecht, ebenfalls eine Hallenkirche, der Chor
dadurch ganz besonders gestaltet, daß die Seitenschiffe im halben Zwölfeck um das Mittel-
schiff umgeführt siud. Zweiundzwanzig Pfeiler trennen die Schiffe. Die acht östlichen sind
gegliedert und mit Diensten versehen, die übrigen haben einfach achteckige Form. Die
Bauzeit ist zwischen 1320 bis 1420 zu verlegen, während die beiden mächtigen Thürme
der Westseite in ihren Substrnctionen vielleicht noch von dem früher bestandenen Bau
herrühren. Der Totaleindruck des Innern ist trotz einer gewissen Nüchternheit ein
imposanter. — Die berühmte Wallfahrtskirche Maria-Zell war desgleichen ursprünglich
eine Hallenkirche mit etwas überhöhtem Mittelschiffe. Von dem durch König Ludwig den
Großen von Ungarn gegen Ende des XlV. Jahrhunderts errichteten gothische» Bau blieb
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Band 7
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Steiermark
- Band
- 7
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1890
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.09 x 22.51 cm
- Seiten
- 432
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch