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endlich der mächtige Glockenthurm am Schloßberg von 1588. Wie malerisch diese Bau-
meister der Frühperiode zu gestalten wußten, mag die abgebildete Hofloggia mit Stiege
im Hause zum rothen Krebs in Graz zeigen.
Erzherzog Karl II., welcher 1564 die Regierung der ihm zugefallenen inneröster-
reichischen Lande antrat, war ein großer Baufreund. Er bediente sich zur Durchführung
seiner Pläne anfangs der Meister aus de Lalio's Schule, und zwar war es zunächst der
„Hofbaupolier" Marco Dionisio Tade, welcher den schon erwähnten Treppenban in der
Burg, dann von 1568 bis 1570 das Jagdschloß „Gjaidhof" in Tobl und in derselben
Zeit wahrscheinlich auch das Lustschloß „Carlau" bei Graz erbaute. Leider sind die beiden
Lustschlösser so vielfach umgebaut worden (letzteres ist heute Strafhaus), daß von der
ursprünglichen Architektur kaum mehr eine Spur vorhanden ist. Ein gleiches Schicksal
erlitt das von Andrea Bertoletti zwischen 1578 und 1588 erbaute Lustschloß Weinburg
bei Brunnsee. Als der Erzherzog daran ging, für sich und seine Familie im Dome zu
Seckau ein Mausoleum erbauen zu lassen, übertrug er diese Arbeit dem Alessaudro
de Verda, welcher in der Zeit von 1587 bis 1592 daran arbeitete. Er faßte die zwei
vordersten Joche des nördlichen Seitenschiffes zu einer Kapelle zusammen, indem er
dieselbe gegen die Schiffe mit einer reich und brillant compouirteu Schrankenarchitektur
aus Marmor abschloß.
Hier weht bereits eine andere Luft. Verda scheint 1576 aus Italien gekommen
zu sein, wo um diese Zeit bereits eine ziemliche Freiheit in den architektonischen Formen,
das heißt die sogenannte Barocke begonnen hatte. Er mag geglaubt haben, hier auf
fremdem Boden seiner Phantasie vollends die Zügel schießen lasse» zu können, denn er
leistet in der Anwendung von Festons, Masken, Cartouchen, Thierwerk, geflügelten und
ungeflügelten Genien, Medaillons :c, das Möglichste und schafft ein Werk in strotzendster
Barocke kaum sieben Jahre nach Palladio's Tod, zur selben Zeit, als in Graz der Glocken-
thurm des Schloßberges in den reinen Formen der de Lalio'schen Frührenaissance sich
erhebt. Verda verstand aber malerisch zu concipireu. Zu der reichen Formenfülle gesellen
sich die kostbarsten Materialien: weißer, rother und schwarzer Marmor, Inkrustationen
mit anderen farbigen Steinen, vergoldete Bronze und Stucco, endlich am Gewölbe die
Fresken, in welchen der Formen- und Farbenreichthnm der Architektur würdig ausklingt.
Das Mausoleum ist seiner im Gebirge versteckten Lage wegen leider zn wenig bekannt,
aber es verdient, als eine der brillantesten Barockdecorationen auf deutschem Boden
verzeichnet zu werden. (Siehe Seite 135.)
Alefsandro de Verda hat durch sein Werk die italienische Barocke in Steiermark
inangurirt, aber er ist damit der Zeit gewissermaßen voraus geeilt, denn die anderen
italienischen Baumeister bauten noch lange hinaus iu einem strengeren Stil. Durch sie
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Band 7
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Steiermark
- Band
- 7
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1890
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.09 x 22.51 cm
- Seiten
- 432
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch