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Was nun die eigentlichen Bauten der deutschen Renaissance betrifft, so entsteht
1623 das Schloß Murau, ein mächtiges Gebäude mit viereckigem Hofe, die Säuleuarkaden,
Fenstergewände und die echt deutschen Giebel in einem schöneu ockergelbe» Tuffstein
ausgeführt.
Um 1630 beginnt der Neubau des von vier gewaltigen Eckpavillons flankirten
Schlosses Eggenberg bei Graz, dessen Hauptfa^ade mit einem Mittelgiebel ebenfalls die
Hand eines deutscheu Meisters verräth. Über vierzig Jahre wurde au diesem gewaltigen
Schlosse gebaut, aber schon 1653 ist der Bau wieder in den Häudeu eines Italieners
Autouio Pozzo, der die Hofarkaden in italienischer Renaissance ausführte (siehe Seite 137).
1644 entsteht in Graz das erste größere Gebäude im Stile der deutschen Renaissance,
und zwar das von AdamWnndegger erbaute landschaftliche Zeughaus, welches das Land-
haus in der Herrengasse gegen Süden abschließt. Es ist ein einfacher Bau, die geringe
Höhe der Obergeschosse gestattet nicht die Entfaltung imposanter architektonischer Mittel,
aber das Portal mit den charakteristischen Nischenfigureu Mars uud Belloua macht in
seiner Strenge und Einfachheit einen würdigen Eindruck. So zeigt denn das steirische
Ständehaus, architektonisch wohl das bedeutendste in Österreich, eine Art Doppelantlitz.
Nordwärts de Lalios venetianische Frührenaissance als Repräsentant jener Zeit, in
welcher italienische Künstler den neuen Stil nach Deutschland brachten, südwärts des
deutschen Adam Wundegger selbständige, aus heimischen Verhältnissen herausgewachsene
Architektur, in den zwei Typen gewissermaßen die künstlerischen Pole feststellend, innerhalb
welcher sich die architektonischen Schöpfungen Steiermarks im Laufe eines Jahrhunderts
bewegten. Der deutsche Stilcharakter zeigt sich ferner an den Bauten der „Gallerin" in
Riegersburg und an so manchem Schlosse des Landes; sogar noch 1694 entsteht der
Neubau des Schlosses Arnfels im selben Stile. Aber die deutsche Richtung war auf den
Aussterbe-Etat gesetzt, da gegen die Mitte des Jahrhunderts für größere Unternehmungen
abermals Baumeister aus Italien berufen wurden.
Die bedeutendste Künstlerpersönlichkeit dieser zweiten Periode italienischer Invasion
ist Domenico Sciassia, welcher von dem Abt Benedict Pierin, gleichfalls einem Italiener,
nach St. Lambrecht gezogen wurde, um das Stiftsgebäude neu herzustellen. Sciassia baute
vou 1640 bis 1644 jenen herrlichen Gebändecomplex, welcher in der Reinheit des Stils
die opulenten Stiftsbauten Ober- und Niederösterreichs in den Schatten stellt. Einfachheit
und bedeutende Verhältnisse sind hier die künstlerische Losung. Die weiten hohen Corridore
sind von Tonnen mit Stichkappen überwölbt, welche mit einer ebenso maßvollen als
graziösen Stuccodecoratiou geschmückt sind, nur im Sommerrefectorium (Kaisersaal)
steigert sich die Stucchiruug der Decke zu großer Pracht, welche durch die in Medaillons
al fresco gemalten Kaiserporträts noch gehoben wird. 1645 baute der Meister einen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Band 7
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Steiermark
- Band
- 7
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1890
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.09 x 22.51 cm
- Seiten
- 432
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch