Seite - 332 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Steiermark, Band 7
Bild der Seite - 332 -
Text der Seite - 332 -
332
die Dornenkrönung Christi dar und ist von einem etwas handwerksmäßigen Künstler, der
über eine sehr dürftige Palette verfügte, gemalt. Dessenungeachtet ist der Ausdruck ein-
zelner Köpfe von bedeutender Wirkung.
An Tafelbildern besitzt Graz einige schöne Werke in der Leechkirche: ein dreitheiliges
Altarbild, die heiligen Jungfrauen Margaretha, Katharina und Barbara darstellend, mit
ungemein zarter, etwas bleicher Carnation, aber höchst seelischem Ansdrnck. Die Zeichnung
noch mangelhaft, aber die Gestalten voll Anmuth, ein Werk, das entschieden kölnischen
Einfluß verräth, aus dem Anfang des XV. Jahrhunderts. Ferner das Votivbild des
Komthnrs des deutschen Ordens Konrad von Stnchwitz von 1449. Die Madonna mit
dem Kinde im Rosenhag, links davon der heilige Christof und der knieende Donator, ein
prächtiges Werk, das in seiner kräftigen Modellirnng und dem tüchtigen Realismus auf
flandrische Einflüsse hinweist. Das bedeutendste Tafelwerk der Steiermark ist das Grazer
Dombild vom Jahre 1457, einst wahrscheinlich Hochaltarbild des vom Kaiser Friedrich III.
erbauten Domes. Es stellt in figurenreicher Composition die Kreuzigung Christi dar.
Auch diesesBild zeigt wieder italienischen Einfluß, und zwar scheint es von einemDentschen,
der in Padua an den Werken Jacopo Avanzos sich bildete, gemalt zu sein. Den Namen Laib,
an der Feldflasche eines Kriegers, können wir als den Namen des Künstlers gelten lassen.
Daß viele gothische Kirchen in Steiermark mit Fresken geschmückt waren, davon
gebe» zahlreiche, theils noch unter der Tünche steckende Reste Zeugniß und wir nennen
nur Göß, Eisenerz, Vordernberg, Ranten, St. Magdalena in Judenburg und Drachenburg.
Zu den ältesten Werken des XIV. Jahrhunderts dürften die schönen Malereien im Chor
der St. Annakirche zu Murau gehören: eine Krönung Marias, unter derselben eine Santa
Lonvei-sai-ivne von acht heiligen Jungfrauen und von zwei männlichen Heiligen. Die
edlen schlanken Gestalten sind mit langen schleppenden Gewändern bekleidet, deren Falten-
wurf frei von allem Knitterigen und Brüchigen in den schönsten fließenden Linien gezeichnet
ist. Hier ist wieder ein entschieden italienischer Einfluß erkennbar, man wird unwillkürlich
an die sieuesische Schule erinnert. Das bedeutendste Werk der Tafelmalerei nach dem Grazer
Dombilde ist der Flügelaltar in der Spitalskirche zu Aussee von 1449. Das Mittelfeld
stellt die heilige Dreieinigkeit dar, umgeben von den zwölf Aposteln und mnsicirenden
Engeln. Die Flügel enthalten innen auf vier Bildern zweiunddreißig Heilige, an den
Außenseiten vier Darstellungen aus dem Leben der heiligen Maria. Die Behandlung des
Faltenwurfes, vor Allem aber die prächtigen glühenden Farbentöne der Gewänder lassen
auf flandrische Einflüsse schließen. Merkwürdig erscheint es, daß es dem unzweifelhaft
steirifchen Künstler, der seine Landesfarben weiß und grün sogar an den Flügeln der Engel
verwerthet, nicht gelang, den flandrischen Goldton auch in der Carnation zur Geltung
zu bringen, denn die Gesichter sind dnrchwegs bleich mit etioas hartem Farbenauftrag.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Band 7
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Steiermark
- Band
- 7
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1890
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.09 x 22.51 cm
- Seiten
- 432
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch