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Von der Plastik der Frührenaissanee wollen wir, da nns hier Künstlernamen
gänzlich fehlen, nur zwei Werke namhaft machen, welche entschieden deutschen Charakter
tragen: die schöne Madonna, holzgeschnitzt, polychrom, im Schloß Waldstein, ein Werk,
das in der feinen Behandlung des Details und dem Schwünge des Faltenwurfes an
Tillmann Riemenschneider erinnert, dann die Grabplatte aus Solenhoserstein in der
Kirche zu Arnsels (in einen Barockaltar eingemauert), welche in Relief eine Ritterfamilie
vor dem Crucifix knieend darstellt, mit einem Holbein'schen Zug in den fein gearbeiteten
Köpfen. Unter den Italienern, welche Karl II. nach Graz berief, befanden sich die Bild-
hauer Philibert Pocapelli und Sebastians Carlon. Letzterer ist der Plastiker des Mauso-
leums in Seckau; von ihm sind die zahlreichen Stncchi und der Sarkophag aus Marmor
mit den ruhenden Gestalten Karls und seiner Gemalin, an welchem besonders die vier
den Sarkophag tragenden Engel durch schwungvolle Conception sich auszeichnen. Von
italienischen Einflüssen beherrscht ist auch der deutsche Bildhauer jener Zeit Jeremias
Franckh, welcher 1590 das tüchtige, sechs Meter hohe Monument des Gallus von Rachnitz
aus weißem Marmor vor der Kirche zu Bernegg arbeitete.
Das ganze XVII. Jahrhundert hindurch bleibt die Plastik in Steiermark italienisch,
die bedeutenderen Werke sind zweifellos von Italienern gearbeitet. Hierher rechnen wir
den fignralen Schmuck des Mausoleums in Graz, dann die zwei Figuren Mars und
Bellona am Portal des landschaftlichen Zeughauses vom Jahre 1644, welche
in ihrer Haltung die Zeit des Manierismus nicht verleugnen, aber voll Energie und mit
großem plastischen Gefühl gebildet sind.
Das XVIII. Jahrhundert bringt endlich einige deutsche Künstler zur Reife, so
Johann Jakob Schoy, dessen Christus auf der sogenannten heiligen Stiege des Calvarien-
berges zu Graz, dessen Kolossalgruppe des heiligen Johann Nepomuk für Toblbad
gearbeitet, dessen Pietä, in Holz geschnitzt, polychrom, in der Außenkapelle der Bürger-
spitalskirche nicht nur den Meister der Anatomie, sondern auch den echten Dramatiker
erkennen lassen.
Eine andere höchst originelle Künstlerpersönlichkeit ist Thaddäus Stammel. Er
war Schüler des Schoy, studirte daun in Rom und wurde uach seiner Rückkehr Stifts-
bildhauer in Admont. Stammel blieb als echter Gebirgsfohn Holzschnitzer, selbst die
vaticanischen Marmore konnten ihn nicht aus diesem Geleise bringen. Er besitzt eine
überquellende Dosis deutscher Phantasie, ist begabt mit Schönheitssinn, aber auch zum
Drolligen, zu Witz und Satire geneigt, daher stets volksthümlich — ein schnitzender Hans
Sachs. Er schuf zahlreiche Altäre, Statuen und Reliefs für Admont und dessen Pfarreien,
unter anderem das seinerzeit viel bewunderte Universum, welches beim Stiftsbrande 1865
zu Grunde ging. Seine Hauptwerke sind „die vier letzten Dinge", Kolossalstatnen an den
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Band 7
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Steiermark
- Band
- 7
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1890
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.09 x 22.51 cm
- Seiten
- 432
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch