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Gebietes hingewiesen. Vortreffliche Leistungen der gothischen Periode sind: die Sacristei-
thür in Brnck an der Mnr und jene in der Pfarrkirche in Pettau. Unzählig sind die
Arbeiten der Renaissance. Wohl jede Dorfchronik könnte tüchtige Meister nennen — doch
sprechen zum Glück ihre Arbeite» noch selbst! Was da an großen Brunnenlauben, an
Öfen, au Kapellen-, Thor-, Oberlicht- uud Feustergittern, an Trägern für Zunft- und
Gasthauszeichen, in der Kirche an Wandleuchtern, an Grabkreuzen, ja selbst im entlegenen
Bauernhause au Leuchtern, Thürbänderu, Schlüsselschildcheu, an Schlüsseln und Schlössern
noch erhalten ist, trägt den Stempel echter Kuustarbeit.
Die dabei zu Tage tretende große technische Geschicklichkeit steigerte sich im folgenden
XVIII. Jahrhundert zu geradezu bewunderungswürdiger Virtuosität, deren Ausklingen
noch bis an die jüngsten Tage heranreicht. So brachte der Meister Georg Mayer
(gestorben 1842) in Feista an seinen Eßbestecken die Formensprache des vorigen Jahr-
hunderts noch auf das glücklichste zur Anwendung. Ein Lichtstrahl siel in dies bescheidene
Wirken, als Erzherzog Johann bei seiner Wanderung über den Sölkpaß den alten Mann
durch einige Ankäufe erfreute. Mit ihm erlosch der letzte Rest alter kunstgewerblicher
Geschicklichkeit. Was hat uns die fortschreitende Cultur als Ersatz gegeben? Vorerst
brachte sie uns wohl nur schlechte, stillose Fabrikswaare. Doch wirkte bald der mächtige
Aufschwung der Reichshauptstadt auch ans nnfer Kronland belebend ein.
Der Gründung des k. k. österreichischen Mnsenms für Knnst und Industrie iu Wieu
folgte die Gründung des steiermärkischen Vereines zur Förderung der Kunstindustrie in
Graz. Getreu seinem Vorbilde und thatkräftigst unterstützt von demselben, gelang es diesem
thätigen Vereine dnrch Vorträge, durch Ausstellungen, durch seine Vorbildersammlung
uud endlich dnrch Unterricht — ans seiner mit dem Gewerbeverein gemeinsam erhaltenen
Handwerkerschnle entwickelte sich die k. k. Staatsgewerbeschule — grundlegend für ein
gedeihliches Wirken zu werdeu und im Verein mit dieser vorzüglich ausgestatteten Staats-
lehranstalt eine umfassende künstlerische Reform des Handwerks herbeizuführen. Durch
directe Mitwirkung der künstlerischen Kräfte der k. k. Staatsgewerbeschule entwickelte sich
in der Laudeshauptstadt eine Ofenindustrie, welche vollständig anf der Höhe des Zeit-
geschmacks steht, eine Zinnindustrie, die als Grazer Specialität gleichfalls eiu sich über
die Reichsgreuzeu erstreckendes Absatzgebiet erlangte. Auch gelang die Wiedererneuerung
der Schmiedekunst; sie hat bereits ebenfalls tüchtige Leistungen aufzuweisen. Die Möbel-
industrie schreitet nicht minder rüstig vorwärts und manch gelungenes Täfelwerk zeigt
wieder eiu glückliches Aufblühen der alten Zimnierdecoration. Treffliches Decorations-
geschirr erzeugt die Majolikafabrik in Liboje bei Cilli. Ja anf allen Gebieten, auch anf
jenem der Stickerei, zeigt sich Leben und Bewegung, Veredlung in formaler nnd technischer
Richtung im Geiste der deutschen Renaissance.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Steiermark, Band 7
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Steiermark
- Band
- 7
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1890
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.09 x 22.51 cm
- Seiten
- 432
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch