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war, die beiden Ufer mittels einer Holzbrücke zu verbinden. Auch der Weißensee zerfällt
gleich den übrigen größeren Seen Kärntens in zwei Becken, in das seichte westliche nnd
in das viermal längere östliche mit der Maximaltiefe von 98 Meter (unter der großen
Steinwand). Die Zuflüsse sind, den Nensacher Mühlbach ausgenommen, unbedeutend,
doch besitzt der See außer diesen auch solche, welche sich der directeu Wahrnehmung
entziehen, nämlich Quellen, welche auf dem Grunde des Seebeckens entspringen. Die längs
der Ufer an seichten Stellen aufsteigenden sind als Brünn (Brunnen) bekannt und als
Fangplätze der edelsten Fische des Weißensees, der Lachs- und Goldforellen, hoch
geschätzt. Das Wasser des Weißensees erscheint, von einem erhöhten Punkt betrachtet, an
den Rändern weiß und dieser Färbung der Randzone verdankt er zweifellos seinen Namen;
dagegen verschwindet überall, wo der seichte Seegrnnd rasch in die Tiefe stürzt, das Weiß
und es erscheint ein prachtvolles, an einen riesigen Türkis mahnendes Blau.
Im Südosten der einzigen am Südufer gelegenen Ortschaft Naggl öffnet sich dort,
wo uns die Kolosse der Spitzegelkette entgegenstarren, das Thal von Tschernieheim,
welches, durch die Laka (1.856 Meter) vom See geschieden, sich halbkreisförmig gegen
den Zlan-Nock, den Schlußstein des vorzeitlichen Weißenseethales zieht. Das fröhliche
Treiben, das noch vor zwei Jahrzehnten hier geherrscht, ist verstummt und eine ernste, den
einsamen Wanderer fast beängstigende Stille lagert über dem verlassenen Thale und seinen
dem Zahn der Zeit verfallenen Glashütten. Einen würdigen Abschluß finden die Gailthaler
Alpen im Dobratsch, Kärntens Rigi, in welchem sie sich noch einmal zur Seehöhe von
2.167 Meter erheben, um dann zur Villacher Ebene herabzusinken. Mitten drinnen liegend
zwischen den Riesenwällen, welche das Land im Norden und Süden umschließen, bietet
sein Gipfel dem Auge ein Rundgemälde, dessen Anblick den für die Schönheit der Natur
empfänglichen Beschauer mächtig und mit unzerstörbarem Eindruck ergreift, wenn nicht
neidische Nebel oder Höhenrauch die Fernsicht hemmen oder trüben. Von den eisnmstarrten
Giganten und ihren mächtigen Ästen irrt der Blick nnstät zur langen Kette nackter Fels-
pyramiden, zackiger Grate und zerborstener Gipfel, um endlich überwältigt von der Groß-
artigkeit der Scenerie Ruhepunkte zu finden in dem Grün vielfach verschlungener Thäler
und waldiger Höhen, in den glitzernden Spiegeln der Seen und Flüsse, in den auf einsamer
Höhe thronenden Bauwerken vergangener Tage und in den mannigfach grnppirten Wohn-
stätten der Menschen. Der Gedanke unserer Väter, auf Berghöhen erhaben über dem
weltlichen Treiben der Menschheit geweihte Stätten zu errichten, wurde auch hier
verwirklicht, und so sehen wir auf dem Gipfel des Berges nicht blos eine, sondern sogar
zwei Kirchen: die auf der höchsten Zinne stehende deutsche, eine der höchst gelegenen
Europas, und die um 29 Meter tiefer liegende windische Kirche; bei der erstgenannten
stürzt der Dobratsch fast senkrecht in die grauenhafte Tiefe hinab; es ist dies die Stelle,
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kärnten und Krain, Band 8"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kärnten und Krain, Band 8
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Kärnten und Krain
- Band
- 8
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 23.03 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch