Seite - 54 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kärnten und Krain, Band 8

54 in langem bis an die Knöchel reichendem Unterkleid und gebauschtem Oberkleid, das um die Hüften mit einem Riemen gegürtet und an den Schultern mit überaus großen Nadeln zusammengehalten wird. Breite Bänder zieren die Arme. In den Händen hält es ein Schmuckkästchen, das gewöhnliche Attribut der Fraueu auf uorischeu Grabmouumeuteu, und einen großen runden metallenen Spiegel, in dem zur Abwehr bösen Blickes eine Gorgomaske eingeritzt ist. Nicht selten führen uns Grabsteine — so ein besonders merk- würdiger an der Kirche zu Lendorf — die noch reichere Tracht der Matrone vor. Hohe kegelförmige Hüte, von denen lange Schleier bis zur Taille herabhängen, gedrehte Reifen aus Metall um den Hals, lange Ketten und große Scheiben an der Brust, uuproportiouirt lange Fibeln an der Schulter, wie sie auf dem Zollfeld und Magdalenaberg in großer Anzahl gefunden wurden, dies alles zeigen diese, in künstlerischer Hinsicht meist so kümmer- liche Porträts mit peinlicher Ausführlichkeit, die deutlich beweist, welch hohe» Werth mau auf die treue Wiedergabe des in seiner Überfülle sich kaum genügenden Zierats gelegt hat. Sie entbehren gegenwärtig nur der Farbe, um eine völlig genaue Vorstellung der einstigen Landestracht zu geben. Weit entfernt, römischem Brauche uach und nach zu weichen, scheint sie sich in späterer Zeit, in welcher classischer Formensinn dem Andränge barbarischen Ungeschmacks sich nicht mehr zu erwehren vermochte, selbst nach answärts verbreitet zu haben. Wenigstens wird im Edict, in dem Kaiser Diocletian 301 die Preise der in seinem Reiche gangbaren Verkaufsartikel bestimmte, eines „norischeu" Mantels gedacht. Nicht minder als Namen und Kleider der Bewohner spricht für das Festhalten nationaler Art die Fortdauer heimischer Götterculte. Kanu man den gallischen Ursprung auch für Gottheiten wie Belenus und Epona nicht beweisen, so ist doch in dem auf Votiv- steiueu aus dem Lavautthal und aus Seckau (Solva) genannten Latobins der keltische Kriegsgott zu erkennen. Zahlreicher sind die Zeugnisse für den Cult der Göttiu Noreia. Ein Heiligthnm derselben wurde bei Burg Hoheustein entdeckt. In Cilli, der Hauptstadt Noricums wenigstens in späterer Zeit, wird sie mit Jupiter und der Stadtgöttin Celeia zugleich verehrt nnd zurückkehrende Soldaten richten beim Betreten der heimischen Erde zuerst ihre Gebete an sie, wie die zu Kerschbach bei Wiudisch-Feistritz an der pauuouischeu, zu Weihmörting an der raetischen Grenze gefundenen Votive beweisen. Als Herrin des Landes waren ihrem Schutze vor allem dessen Eisenwerke und Goldgruben empfohlen, und so erscheint sie uicht selten unmittelbar im Zusammenhange mit dem Metallhandel, den die Bewohner hauptsächlich nach Aquileja betrieben. Dort hatten ihr die Pächter (ccmckuctoi-es) der norischen Eisenwerke einen Denkstein gesetzt und von einem Betriebsleiter (pioourator) derselben rührt einer der bei Hohenstein gefundenen ihr geweihten Altäre her. Verwandter Cultgebräuche halber verglichen die Römer diese Göttiu mit Isis, und dieselbe Göttin kennt auch Tacitus bei den Sneven. Da auch sonst Kelten als die höher Eivilisirten auf