Seite - 127 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kärnten und Krain, Band 8
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eine Anspielung auf seine mißlungene Brautwerbung. „Er hat einen Schlegel gekriegt"
ist eine stehende Redensart.
Als Nachhochzeit findet in einigen Ortschaften des Obergailthals das „Schüssel-
werfen" statt. Eine Woche nach der Hochzeit ziehen die Bursche vou Haus zu Haus und
bitten um schadhaftes Küchengeschirr, das sie, wenn es ihnen nicht freiwillig ausgeliefert
wird, heimlich entwenden. Wenn sie ihren Rückkorb gefüllt, begeben sie sich in später Nacht
stunde vor das Haus der Neuvermählten, schleichen in die Vorlaube nnd stimmen, im
Kreise sich vor der Kammerthür aufstellend, ein monotones Lied an. Eine Probe davon:
„Es schläft Alles jchon.
Wo wir hiaz klopfen an,
Ter Tag hat sich geendet.
Die Hochzeit is vollendet. Wir wünschen euch den lieben G'snnd
Alle Tag und alle Stund, n. s. w.
Wir singen euch zum Beschluß,
Mit einem Freudcub'schluß,
Braut und Bräutigam Soviel als Häseuscherben
Schlasts nun in Gottsnom. ^ Soviel soll'n Kinder werden."
Nach jeder Strophe werden die Häfen und Schüsseln mit Gewalt an die Stubenthür
geworfen, daß die Scherben weit umherfliegen. Das Gepolter zieht die Nachbarsleute
herbei. Nach Vollendung des Liedes trippelt Jung und Alt über die Scherbenhaufen in
die vom jungen Ehepaar geöffnete Stube, wo ein Tisch mit Brot und „Geist" für die
Sänger bereit steht. Auf das „Hackbrett" oder eine Harmonika hat man nicht vergessen,
uud so wird gezecht und getanzt bis spät in die Nacht hinein.
Im Lieserthal nnd im Lavautthal findet ebenfalls das „Brautstehlen" statt. Die
Mutter darf am Ehrentag der Tochter nicht theilnehmen, daher eine Fremde ihre Stelle
vertritt. War ja die rechte Mutter bei der Taufe der Tochter auch nicht zugegen, warum
soll sie bei der Trauung sein? meint der Volksmund. Nach der Trannng wird der
„Johannisseg'n" getrunken. Im Wirthshaus angekommen, verfügt sich die neue Ehefrau
in die Küche und salzt im Beisein der Kranzeljnngfer und Brautmutter die Hochzeits-
suppe. Bei dieser Gelegenheit läßt sie einen Thaler in den Salzkübel fallen, welcher der
Köchin gehört.
Im Lieserthal ist der Brautführer die lustige Persou und Seele der Gesellschaft,
indeß im Lavantthal der Baßgeiger für die Unterhaltung der Gesellschaft zu sorgen hat.
Kommt das Brautpaar ins eigene Heim, so findet es die Thüre des Hauses verschlossen.
Nach heftigem Pochen und gereimtem Polemisiren öffnet sich dieselbe und das Gesinde tritt
aus der Flur und die Altdirn (Maierin) überreicht auf einem blank gescheuerten Teller
die Thürschnalle und begrüßt die neue Bäuerin. Hier und da überschüttet man die neue
Frau auch mit Getreide, ein Symbol des künftigen Segens.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kärnten und Krain, Band 8"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kärnten und Krain, Band 8
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Kärnten und Krain
- Band
- 8
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 23.03 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch