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der reichgeformten Lichtsäule ein anderes seltsames Gebände, der „Heidentempel" genannt;
es ist nichts anderes als ein romanischer Karner, der einst unten das Beinhaus umschloß
und oben die flachgedeckte St. Michaelskapelle bildete. Dieser Bau wurde im XV. Jahr-
hundert in das Befestigungssystem einbezogen, man umgab den Rundbau mit einer
Polygonen Halle mit Obergeschoß als Fortsetzung des Wehrganges, spannte in die Kapelle
ein zierliches Sterngewölbe und verwandelte den Unterraum durch Eiubau iu ein Facsimile
des heiligen Grabes in Jerusalem.
Die Jakobskirche in Villach aus der Mitte des XV. Jahrhunderts hat den aus-
gesprochensten Hallencharakter: hoch, licht und großränmig, die fünf Paare schlanke, runde
Pfeiler, die wie Fächerpalmen das mit luftigem Rippenwerk überzogene Gewölbe tragen,
gewähren die schönsten Durchblicke. Der lang vorgeschobene Chor ist, besonders außerhalb,
reich und elegant ausgestattet. Gegen Süden erweitert den Raum die heilige Dreifaltigkeits-
kapelle, erbaut im Jahre 1462 von der Gräfin Katharina von Görz; der 1517 verstorbene
Georg Leiningen fügte die Allerheiligenkapelle dazu. Der Musikchor wurde im Jahre 1484
nachträglich bis zum ersten Pfeilerpaar hineingebaut von Balthasar von Weisbriach. Der
Thurm, auf der Westseite freistehend, ist wohl noch der Rest eines romanischen Burg-
thurmes, der hier am wichtigen Commnnicationspnnkte Brückenwache gehalten und später
sein gothisches Oberkleid erhalteu'hat.
In der Bartholomäuskirche besitzt Friesach und Kärnten die zweitlängste
Kirche (64 16 Meter lang; die Dominicanerkirche hat eine Ausdehnung von 73 97 Meter).
Wohl reicht dieselbe in das XII. und XIII. Jahrhundert zurück, doch erhielt sie durch
den Anbau eines Presbyterinms, durch Einfügung eines Netzgewölbes über entsprechende
Wand- und Pseilerverstärknngen mehr den Charakter der Gothik, mußte jedoch durch
plumpe Emporenanlagen über den Seitenschiffen, Umgestaltungen der Fenster, Hebung
des Bodens, Ausdehnung des Daches über das gesammte Langhaus und Übertünchung
aller Steinglieder jene gewaltthätigen Umgestaltungen erdulden, welche auch die romanisch-
gothischen Kirchen in St. Andrä, Wolfsberg, St. Veit, Feldkirchen n. f. w. ihres Stil-
charakters beraubte. Die idyllisch gelegene, vermeintlich tausendjährige Kirche in Mar ia-
Wörth hat, obwohl früh genannt, vom Romanismus nur das südliche Portal mit den
zaghaften Würfelcapitälen und die qnadraten Kalksteinpfeiler seiner dreischisfigen Krypta.
Der schlanke Chor und ein seitlicher Anbau entstammt der besseren Gothik. Das Laughans
ist in gar später Zeit gewölbt und mit unschönen Pfeilern ausgestattet worden. Hans
Huber von Sigmnndskron nennt sich der Werkmeister, welcher 1483 an der schönen
Kirche zu Heiligenblut arbeitete. Ein dreischisfiger Bau mit hohem Chor über einer
Unterkirche uud seltenen Einporenanlagen über den Seitenschiffen. Zur linken Seite des
prächtigen Flügelaltares erhebt sich bis zum Gewölbe das herrliche Sacramentshäuscheu.
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kärnten und Krain, Band 8"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kärnten und Krain, Band 8
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Kärnten und Krain
- Band
- 8
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 23.03 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch