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genannt, weil man ihnen eine unergründliche Tiefe zuschreibt. An Übergängen von einer
Kategorie zur anderen ist jedoch kein Mangel, so daß man eine Grenze für die fachgemäße
Noinenclatur kaum ziehen könnte. Einzelne dieser Schachte sind auf dem Grunde noch heute
mit Höhlen in Verbindung, andere mit Blockmateriale so hoch ausgefüllt, daß man von
der Höhle keine Ahnung hat, der sie ihr Entstehen verdankten. Die einen sind ringsherum
von senkrechten Wänden umgeben und unzugänglich, in die anderen kann man bequem über
eiueu Trümmerkegel hinabgelangen. Zu letzteren gehört die vorerwähnte kleine Kolcivka
uud die Vranja jama bei Planina. Die Gradisnica, die ihren Namen vom Berge
„Gradise vrh" hat, ist weit, aber unzugänglich und trotz ihrer ungeheuren Tiefe von
225 Meter vollständig erforscht und vermessen. Solche Dolmen, bei denen die Steilränder
verschwunden sind und in denen sich durch Eiuschwemmnng so viel Erdreich gesammelt
hat, daß irgend ein fleißiger Bauer eine Wiese oder ein Stückchen Küchengarten daraus
macheu kouute, welches er sorgsam mit einer Steinmauer umgeben hat, werden wohl auch
Ogradas (Einfriedungen) genannt. Ebensowenig aber, wie man eine Grenze zwischen den
Naturschachten (Erdfällen) und den Dolinen ziehen kann, ebensowenig ist dies auch zwischen
diesen uud den Kesselthälern möglich. Einzelne Dolinen bergen große Bauerngüter und
einzelne Kesselthäler siud unbewohnt. Ein solches unbewohntes Kesselthal ist jenes von
Police, südlich des Ratschnathales. In anderen, nicht größeren liegen dagegen ganze
Ortschaften. Auch ist es nicht maßgebend, ob ein Kesselthal fließendes Wasser besitzt oder
nicht, um es von der Doline zum Thal avaucireu zu lassen, denn es gibt sehr viele
Kesselthäler, in denen der Wassermangel sehr empfindlich für den Landmann ist, der nur
Cisterueu-, oft auch gar nur Pfützenwasser zur Verfügung hat.
Karsterscheinungen. Fragt man nun, woher die abnorme Erscheinung kommt,
daß ein so großer Landstrich wie der Karst eine so sehr von dem Alpengebiete (zu dem er
geographisch noch zu zählen ist) abweichende Oberfläche zeigt und warum gerade dort so
zahlreiche Naturwunder aufgehäuft sind, so kann die Antwort nur lauten: das ist die Folge
der Plateauform des Gebirges, au deren langsamer Zerstörung nicht nur eine oberirdische,
sondern auch eine unterirdische Erosion kräftig wirkte. Der oberirdischen Erosion ist man
gewohnt den Thalbildungsproceß der Alpen zuzuschreiben, die unterirdische ist dagegen in
deu Alpen auf so kleine und selten besuchte Localitäteu beschränkt, daß sie nur Fachkundigen
auffällt. Auf dem Karst wirken aber beide Kräfte in so aussalleuder Weise zusammen
und der Flächenraum des Karstplateaus ist ein so bedeutender, daß der außergewöhnliche
Thalbildungsproceß für Jedermann auffällig wird. Im Krainer Karst sind die typischen
Karsterscheinungen durch üppige Waldvegetation theilweise maskirt. Im südlichen Theile,
wo der Wald nur spärlich auftritt, trägt der Karst einen anderen Charakter. Dort bemerkt
man auch die Steinwüsten besser, die in Krain scheinbar fehlen, weil sie nicht so auffällig
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Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kärnten und Krain, Band 8"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kärnten und Krain, Band 8
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Kärnten und Krain
- Band
- 8
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 23.03 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch