Seite - 366 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kärnten und Krain, Band 8
Bild der Seite - 366 -
Text der Seite - 366 -
366
Wo sie hinkommen, wird die Nenvermählte an der Schwelle von der Köchin mit
einem Laib Brod und einem Messer empfangen; sie ergreift beides und durchschneidet das
Brod zum Zeichen, daß sie von nun an hier Brod backen und vorschneiden werde. Hierauf
wird der Zugeheiratete von seinem Ehegemahl den Eltern vorgeführt mit der Bitte, den
neuen Hausgenossen freundlich aufzunehmen, was selbstverständlich immer geschieht und
häufig tief rührende Scenen veranlaßt.
Nnn geht es zum Hochzeitsmahl, bei dem gewöhnlich die Hochzeitsbitter Auswärter-
dienste versehen. Anfangs wird von Alltagsdingen gesprochen: wenn jedoch das
Nahrungsbedürfniß befriedigt ist nnd der Wein die Stimmung etwas gehoben hat,
dann geheu die Trinksprüche bnnt durcheinander, es wird gescherzt nnd gelacht, es werden
Anekdoten erzählt uudRäthsel ausgegeben, als: „Wie viele Sprossen hat die Himmelsleiter?
(A. 10, der Dekalog.) — Ans welcher Straße ist noch Niemand gefahren? (A. Anf der
Milchstraße.) — Was thnn wir Alle, bevor wir aufstehen? (A. Wir legen nns.) — Was
fehlt eiuem gute» Schuh? (A. Das Paar) — u. f. w." Auch Gesang nnd Tanz unterbrechen
angenehm das Gelage: kurz, es bemächtigt sich Aller eine ungebuudeue Fröhlichkeit, die
umso größer ist, je besser es der starHSina, der die Seele des Ganzen, versteht, immer
Nenes in Gang zn bringen. Wann ihm die Stimmuug am günstigsten scheint, eröffnet er
die Sammlungen der Spenden für die Braut, für die Musikanten und für die Köchiu.
Die Sammlnng für die Braut wird meist von einem der Musikanten mit versificirten
Apostrophen an die Gäste begleitet, wie:
„Vojarna (Brautmutter)! was ihr schenket.
Man freundlich euch gedenket." „I'ovai-s (Brautvater), kein schlechter Zahler,
Gibt einen harten Thaler!" u. s. w.
Ist die Nacht schon vorgeschritten, so suchen die Näherwohueudeu ihre Schlafstelleu
daheim auf; die Gäste aus der Ferue finden eine Ruhestätte im Festhanse oder einem
Wirthschaftsgebäude. Am nächsten Morgen versammeln sich Alle wieder uud Schmaus
uud Unterhaltung nehmen ihren nur weuig unterbrochenen Fortgang wieder auf, deuu die
gauze Feier dauert bei reichen Leuten gewöhnlich vom Sonntag oder Montag bis zum
Freitag. Den Schluß der Mahlzeit bildet ein großer Kuchen (po^aöa) oder eine Schüssel
Klöße (Struklji). — Bei der ärmeren Classe ist freilich vieles einfacher, auch weisen die
verschiedenen Landestheile mancherlei Varianten anf.
Allgemein ist der Gebrauch, daß der Freier erst eiueu Werber (snubae) voraus-
schickt uud mir, wenn dieser günstig aufgenommen worden, selbst auftritt. Die Hochzeits-
bitter werden meist nur mit Blumensträußen und Bändern geschmückt; bei einfacheren
Verhältnissen besorgen dieses Amt der Bräutigam (2emn) mit dem Brautführer (6ru»)
einerseits, die Braut (nevesta) mit der Brautführerin (ckruöica) anderseits. Da entfällt
auch die vHarna, es vertritt sie die leibliche Mutter der Braut oder des Bräutigams,
zurück zum
Buch Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Kärnten und Krain, Band 8"
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Kärnten und Krain, Band 8
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Kärnten und Krain
- Band
- 8
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 16.41 x 23.03 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch