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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (2), Band 9
Seite - 71 -
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71 Vergebens thun die Känfer entrüstet, vergebens suchen sie den Preis der Waare zu drücken. „Schön, schön, min ja, fürs Ange! Aber ihre Haltung ist nicht stattlich genug. Uud das Gesichtchen ist gar so weiß; man sieht, Ihr habt sie so recht unter dem Glassturz gehalten. So eiu verhätscheltes Dirucheu taugt nicht sonderlich zur Arbeit; und wir brauchen eher einen Frnchtbanm, als eine Topfblume". Just iu diesem Augenblick erscheint das Mädchen vor den Fremden, die im Hausgang sitzen. Sie trägt einen Eimer Wasser aus dem Kopfe. Eiueu Augenblick hält sie inne, schlank wie eine Ceder, wünscht verschämt ihren „guten Abend", langt dann mit beiden Armen zu den Henkeln des Eimers empor, hebt ihn in leichtem Schwnnge herab nnd stellt ihn sachte an seinen Platz. Und sie sagt dabei nicht einmal: „Das soll mir eine Topsblnme nachmachen". . . . An ihrer Statt aber läßt sich der Bräutigam vernehmen. Das heißt, er sagt kein Wort, wohl aber zupft er den Herrn Vetter kräftig am Mautelärmel, damit er doch schon einmal aufhöre, das Mädel dort zu schmähen; nnd da merkt der Herr Beistand, daß es nun wohl bei den 200 Gnlden bleiben müsse. So sagt er sie denn richtig zu, die Sache ist in Ordnung, der Tag der Ver- lobung wird festgesetzt und erst auf dem Heimweg kriegt es der Bräutigam vom Beistand zu höreu: „Was war deuu uuu das wieder für eine Übereilung, sie hätten sie ja auch billiger hergegeben." Darum heißen die Mädchen im Ungarische» „verkäuflich" uud die Bräutigame die „Känfer". Indes gehört der Kaufpreis nicht etwa den Eltern, sondern dem Mädchen nnd sie verfügt darüber nach Belieben, entweder znr Vervollständigung ihrer Ausstattung, oder in den meisten Fällen indem sie das Geld capitalisirt und, selbst wenn es in das Vermögen des Gatten eingeschmolzen wird, streng in Evidenz hält. Eine einzige Tochter freilich ist nicht „verkäuflich", sondern für sie sucht man einen Bräutigam aus, den strammsten Burschen, schön, ehrlich, arbeitsam; er hat wohl anch schon vorlängst den Namen ihrer Familie angenommen und ist aus Gruud dieses Namens Mitbesitzer der Landwirthschast geworden. Freilich, wehe ihm, wenn er den hochgespannten Erwartungen nicht entspricht; die scharfe Znnge der Schwiegermutter macht den armen Ehemann gar bald zum „Wehemann". Übrigens wimmelt es um die Ehevermittlung her von halbofficiellen Figuren und die juugen Ehecandidaten gehen durch eine ganze Reihe von Händen, ehe sie vor den Geistlichen gelangen, welcher Moment aber anch seinerseits nur wieder der Mittelpunkt der Eheschließungsgebräuche ist, eines ganzen Systems von Feuer- und Wasserprobeu, bis das Pärchen endlich sagen kann: „Nnn sind wir beisammen." Unter diesen unberufenen und halbofficielleu Figuren ist die wichtigste der „Satan zu Fuß", wie mau stellenweise die Heiratsvermittlerin nennt, während sie anderwärts andere drastische Titel führt. Sie ist eine Vertranensperson, mitunter sogar ein
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Ungarn (2), Band 9
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Ungarn (2)
Band
9
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1891
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
15.56 x 21.98 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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