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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (2), Band 9
Seite - 82 -
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82 des Gatten auf dem Hofe und reicht ihr einen Bissen Brod, zum Zeichen, daß sie sie als Mitglied ihrer Familie und Theilhaberin ihres Brodes erkenne. Das Brod dieut auch als Smybol des Ausscheidens aus der Familie. Der im Hause verbleibende Theil ergreift nämlich einen Laib Brod, schneidet ihn in zwei gleiche Hälften und reicht die eine dem ausscheidenden Theile. Nun haben sie „getheiltes Brod". Aber der eben geschilderte Brauch ist nur eine Ausnahme. An den meisten Orten geht die Braut vou der Kirche am Arme oder an der Seite des Bräutigams in ihr neues Haus, wo das junge Paar vom Hochzeitsbitter begrüßt wird und wohin auch die Gäste des Vaterhauses gefolgt sind; sie bleiben dort während des Tanzes vor dem Mittags- schmaus, bei gutem Wetter auf dem Hofe, bei schlechtem im „Großhause", bis die Tanzenden endlich durch die Tafeldecker hinausgetrieben werden. Das Tischdecken geschieht unglaublich flink. Aber das ist kein Wunder, denn Tags vorher hat man eine förmliche Generalprobe abgehalten, bei der alle Rollen genau vertheilt wurden, und unter schwerster Verantwort- lichkeit hat da jeder Einzelne, der Brodschneider und Weinträger und Tellerwechsler und so fort, seine Aufgabe zu erfüllen. Der oben geschilderte Hochzeitszug gestaltet sich noch lebendiger, wenn die Braut ihr Dorf verlassen muß. Das ist der Bräutigam seinem „berühmten Mädchen" schuldig, aber auch feiner Heimat, denn es soll klar am Tage liegen, daß er und die Seinen auch uicht im Storchennest ausgebrütet worden. Auf 15 bis 20 Wagen führt er sein Hochzeits- volk von bannen; jedes Pferd hat an den Ohren farbige Tücher flattern, auf dem Rücksitz jedes Wagens sitzen drei muntere junge Frauen, deren Gesang gar nicht verstummen will; auf dem Kutschersitz schwingen die Bursche und jungen Ehemänner die Feldflasche; nebenher aber sprengen hoch zu Roß 12 bis 20 Reiter, mit leichten Fahnen in der Hand. Die ganze Bevölkerung des Dorfes erwartet sie anf den Gassen und erwidert freundschaftlich ihr Zujauchzen. Sie werden als liebe Gäste behandelt. Wenn sie sich aber in derselben Ordnung auf den Heimweg begeben und die Braut unter noch größerem Tumult heim- führen, dann heißt es ordentlich aufpassen, daß ihnen nicht irgend ein Schabernack gespielt werde. Gar leicht fliegen nämlich Töpfe voll Asche gegen die Räder nnd Schneebälle hinter ihnen drein, statt anderer Segenswünsche. Ein wahres Glück, wenn es nicht gelungen ist, die Nägel aus den Rädern des Brautwagens herauszustibitzen, oder wenn vor das Ende der Gasse kein in Wolfsfett getränktes Seil gespannt ist, was die Pferde scheuen macht. Darum werdeu vor dem Aufbruch die Wagen erst noch genau untersucht und den Wagen der Braut lenkt ein alter, erfahrener Mann, der seine fünf Sinne beisammen hat. Um die Gäste unterzubringen, bedarf es auch keiner geringen Findigkeit, denn es sind ihrer gewöhnlich zwei- oder dreimal so viele, als am Tische sitzen können, und bei einer richtigen Hochzeit soll auch wirklich uicht die Hälfte der Gäste zum Sitzen gelangen.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Ungarn (2), Band 9
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Ungarn (2)
Band
9
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1891
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
15.56 x 21.98 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
Kronprinzenwerk deutsch
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