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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (2), Band 9
Seite - 87 -
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87 fortwährend über dem Beistand, damit er sich nicht etwa vergesse. Auch die Bursche tanzen, den Hut aus dem Kopfe, deu Blumenstrauß am Hute, was übrigens nicht Wunder nehmen kann, denn wo sollten sie die Hüte hinthun? Auf den Köpfen sind sie am besten aufgehoben. Der Tanz ist der ewige Csardas, und zwar wird heutzutage das Andante kurze Zeit uud das Allegro länger getanzt; ehedem war das Umgekehrte der Fall. Der schöne „langsame Ungarische" mit seinem ritterlichen Ernst und Sporenklang beginnt in Vergessenheit zu gerathen. Vom Stampfen des dichten Gewühls widerhallt der Boden, der selten ein Bretterboden ist; gejauchzt wird wenig. Unermüdlich wird weitergestampft. Natürlich hat Jeder seine Lieblingstänzerin, die er am dargereichten Tuche oder am Finger gefaßt zum Tanz führt; sitzen bleibt dennoch Keine, denn dies wäre eine große Beleidigung für den Hausherrn. Wortstreit, Balgerei, Plumpheiten sind selten. Man enthält sich sogar des Fluchens, ohne das doch sonst der gemeine Mann weder im Bösen noch im Guten bestehen kann. Jahre vergehen, bis es einmal zu einem Zusammenstoß kommt, der dann auch weithin besprochen wird; das Odium davon trifft den Hausherrn, besonders aber den Beistand. Denn dieser steht bei einer anständigen Hochzeit im Ansehen eines Diktators. Dort sitzt er in seiner Ecke am oberen Tischende, von den bejahrteren Gästen umgeben, die er mit Erzählungen aus seinem und Anderer Leben, oder aus älteren Zeiten unterhält. Jeder Neuangekommene wird ihm vorgestellt, und zwar kündigt, wenn Jemand eingetreten ist. der nur kurze Zeit verweilen kann, diesen der Brautführer mit der Feierlichkeit eines Herolds au: „Ich melde Euch in aller Untertänigkeit, daß diesem Hause in der Person des Herrn (der Frau) N. N. ein ehrenwerther Gast angekommen ist." Der Beistand erhebt sich, nimmt die Mütze ab, begrüßt den Ankömmling und legt fortan den Schwer- punkt seiner amtlichen Thätigkeit darein, den neuen Gast zu unterhalten. Daß der „ehrenwerthe Gast" nur mit dem Lippenrande nippt, während er selbst alles bis auf die Nagelprobe leert, übersieht er gauz; keiu Wunder, daß er bald schwach wird. Doch das verschlägt nichts, man merkt es nur an seiner Zunge, nicht an seinen Beinen, sintemalen er keinen Fuß aus der Beistaudsecke heraus setzt. Kommt es doch hie nnd da vor, daß unter den Gästen Streit entsteht, so fällt der Beistand ein summarisches Urtheil, gegen das es keine Appellation gibt. Der Ungeberdige wird einfach in aller Stille hinausgewiesen und gehorcht schmollend; sollte er sich aber sperren und anfbegehren, so tritt eine noch höhere Macht in Thätigkeit: die Fran. Das Lamm nimmt den Löwen an der Pfote und führt ihn unter mahnender Zurede oder gelinden Rippenstößen hinaus. Übrigens hat man abschreckungshalber zwei Tage vor der Hochzeit die Fruchtgrube gelüftet, in die man die Schlimmsten ganz sachte hinunterläßt. Das ist ganz hnman, denn die Grnbe ist im
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Ungarn (2), Band 9
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Ungarn (2)
Band
9
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1891
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
15.56 x 21.98 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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