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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (2), Band 9
Seite - 96 -
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96 Dieses uralte Lied hat auch eine volksthüiuliche Variante, die folgendermaßen beginnt: „Bursche, Dirnen, kommt, laßt zur Schul' uns gehen. Können doch nicht ewig nach dem Breitopf sehen. Gut ist unser Lehrer, keiner von den Steifen, Läßt im Sommer selbst aus dem Eis uns schleifen." Das junge Volk wartete schon überall mit gefülltem Ränzlein oder Körbchen und ging der Fahue nach, durch das ganze Dorf; bei jedem Hause wurde die kleine Armee größer, bis endlich die Runde um das Dorf gemacht war und der Triumpheinzug in den Schulhof stattfand. In der Schule wurden sie auch nicht gleich in's Joch gespannt, sondern durften ein paar Wochen lang spielen. Unterdeß schnitzte der Vater seinem Jungen eine kleine Handschaufel, auf welche der Lehrer ein mit Buchstaben (dem kleinen und großen Alphabet) vollgeschriebenes Papierblatt klebte; dies war das erste Lehrbuch. Was die Mahlzeiten betrifft, folgte auch die Schule dem häuslichen Brauche des Volkes. Da dieses täglich vier Mahlzeiten hat, deren zwei zwischen die Schulstunden fallen, so nahm sich jedes Kind — der Knabe im Ranzen, das Mädchen im kleinen Korbe — Frühstück und Imbiß mit; der Lehrer bestimmte die Stunde, wann zugegriffen werden dnrfte. Vor und nach dem Essen wnrde gesungen und gebetet; nachher gelüftet. Hierauf folgte das Aufsagen der Lectionen, oftmals belebt durch „Kukuruzrebeln", Lolchklauben, Tabakglätten und dergleichen. Überhaupt besorgten die Schulkinder dem Lehrer alle häusliche und zuweilen sogar die leichtere auswärtige Arbeit (Heusammeln) und manches aufgewecktere Dirnchen ging aus der Hand der Lehrersfrau als fertige Kochkünstlerin hervor. Das Um und Auf der Lehrmittel bestand aus einer Wandtafel, aber den Hasen- fuß dazu hatte der Lehrer selbst geschossen. Der Gemeinde erwuchsen kaum irgendwelche andere Realunkosten, als das alljährliche Ausweißen, denn den Kindern lag es ob, das Juuere der Schule reinzuhalten, ja an manchen Orten sogar das Heizen, zu welchem Zwecke in waldigen Gegenden jeder Schüler verpflichtet war, von Allerheiligen bis Georgi jeden Vor- und Nachmittag eiu Stück Holz mitzubringen. Für den allwöchentlichen halben Feiertag — der aber im Schulhofe spielend verbracht wurde — erhielt der Lehrer eine „lusus Ablösung" und zwar von jedem Kinde einen Kolben Mais, oder eiu Ei, in dessen Besitz sich das Kind nicht immer auf redliche Weise gesetzt hatte. Die Ablösung der Ernte- oder Weinlese-Ferien bestand in einer Handvoll Ähren oder einem Körbchen Trauben. Auch die Gänse spielen in diesen kleinen Kapitalien eine große Rolle, denn ihre Flügel- federn bekam sammt und sonders der Schullehrer, der dieselben zur Hälfte für die kleinen Schriftgelehrten zu „aptireu" hatte. Dem Schullehrer gebührte auch das Tintengeschäft, welches auf Grundlage eines uralten Tiuteureceptes des Professors Martiuus ausgeübt
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Ungarn (2), Band 9
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Ungarn (2)
Band
9
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1891
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
15.56 x 21.98 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
Kronprinzenwerk deutsch
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