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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (2), Band 9
Seite - 97 -
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97 wurde, nicht ohne gelegentliche Fälschungen, wenn statt der edlen arabischen Galläpfel das schnöde Surrogat gewisser Waldbeeren verwendet wurde. An vielen Orten, besonders in kleineren Gemeinden, bekleidete der Lehrer anch das Amt des Notärs. Obgleich der Schulbesuch nicht obligat war, kam es doch, besonders in den Dörfern, selten vor, daß ein Kind die Volksschule nicht absolvirte oder gar der Schule ganz fern blieb. Die Mannigfaltigkeit dessen, was da gelernt wurde, war nun freilich nicht groß: den größten Theil des Lehrstoffes bildeten religiöse Gegenstände, wie denn auch der größte Theil der Zeit mit religiösen Übungen verging, zu denen auch das Läuten der Glocken gehörte. Die Knaben lernten übrigens ganz gut schreiben und rechnen, wogegen die Mädchen im Schreiben nicht geübt wurden. Gegenwärtig ist der Schulbesuch der Kinder gesetzlich überwacht; die Schulen werden zahlreicher und größer: ihre Gebäude Wetteifer» au Nettigkeit uud Solidität der Einrichtung. Die ordnungsmäßigen sechs Jahre macht zwar nicht jedes Kiud durch, ohne jeglichen Schulbesuch wächst aber doch selbst im großen Alföld, wo infolge der Gehöftwirthschast der Schulgaug auf fast unüberwindliche Schwierigkeiten trifft, höchstens ein Proeent auf. Tod, Trauer . — Die Bestattungsgebräuche in Ungarn sind größtentheils identisch mit denen der anderen Völker Europas, da sie in gleicher Weise entstanden sind und sich entwickelt haben. Die Krankenbefnche, das Ankleiden der Todten, die Schmückung der Burschen mit Blumeu, der Mädchen und Kinder mit Kränzen, das ewige Summen der Glocken, die beständige Nachtwache unter Absingung von Trauerliedern ist, wie ander- wärts, anch in Ungarn gebräuchlich. An der Nachtwache betheiligen sich die Verwandten, Nachbarn, gnten Freunde, besonders aber die sangesknndigen Männer nnd Frauen, welche die Zeit bis Tagesanbruch mit der Absiuguug verschiedener Trauer- uud Abschiedsgesäuge uud mit dem Rühmeu des Todten zubringen. In den Pansen macht auch etwas Getränke als „Kolophonium" die Runde. Diese Gesänge sind im Volke handschriftlich vorhanden, uud gar mancher ist durch Form und Inhalt den allverbreiteten liturgischen Gesängen ebenso überlegen wie die Methodik ihrer Säuger der der amtliche» Organe. Der Klagegesang, in dessen rhythmischen Sätzen die Frau unter dramatischen Geberden die Hauptereignisse aus dem Leben ihres Todten auszählt und ihrer Traner um ihu Ausdruck verleiht, ist in der That schön und ergreifend - „!) meine Seele, meine Tanbe, mein treues Gespan! O Leben meines Lebens! Tein Tod ist mein Tod. In wessen Hand hast du mich hinterlassen? Wer sieht mich noch an mit schonen klugen Auge»? Ungarn II. Wer sagt noch zu mir: meine liebe süße Blume? Ach, könntest du doch mich schelten, mich schmähen! Ach, sprächest du uur eiu Wort zu mir! Wie sroh wollt' ich es tragen, wie von Herzen es hören."
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Ungarn (2), Band 9
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Ungarn (2)
Band
9
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1891
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
15.56 x 21.98 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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