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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (2), Band 9
Seite - 122 -
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122 so nahm er hier seine Strafe entgegen in Form von sechs bis zwölf Schlägen mit Haselstock oder Karbatsche. Das junge Volk pflegte die Zeit zwischen den zwei Gottesdiensten hier plaudernd und spielend zu bleiben, aber ohne jedes Geräusch, denn „vor zwei Kirchen" (Kirchgängen) ist es unschicklich, den Anger oder Spielplatz zu betreten. „Nach zwei Kirchen" ist der Anger erlaubt, der Kirchenplatz leert sich, aber er bleibt nicht lange leer. Es erscheinen die bejahrteren und würdigeren Männer, um im Schatten der Kirche ihre Pfeifen zn rauchen und iu stillem Gespräch die Zeit zu verbringen. Aus der Wurzel, ja aus dem Heiligthnm der Kirche sind dem Ungar auch seine Festgebräuche entsprossen. Am reichlichsten fällt selbst dem armen Manne Weihnachten, wo es reichlich Essen und Trinken gibt und anch die Armen und Bethlehemsgänger ihren Theil kriegen. In den Weihnachtskreis gehören noch die damit zusammenfallenden Namenstage Stefan, Johann — die halbe Stadt ist auf diese getauft — sowie auch die Unschuldigen Kindlein, an deren Tage der Bnrsch mit seiner vier-, acht- bis zwölffach geflochtenen Fuchtel die Häuser, wo Mädchen wohnen, der Reihe nach abgeht und die zeternden Dirnen ordentlich mit Schlägen auffrischt, welche allerdings gegen jede Krankheit schützen sollen. Die ganze Woche hindurch ist in jedem Hause der Tisch gedeckt, jeder Besuch und jeder Gruß mag reichlichen Entgelt finden in dem Vorhandenen. Zu Osteru geht es mäßiger zu. Rothe Eier und geweihte Schinken lächeln vom gedeckten Tische her, doch gibt es der Besucher nicht mehr so viele wie zu Weihnachten. Desto geräuschvoller wird der zweite Osterfeiertag, an dem die jungen Lente „begießen" gehen und das unvorsichtige Mädel am Brunnen mit vollem Eimer taufen oder dasselbe gar gleich im Ganzen in eine Kufe hineinstellen; das vorwitzige Ding hat sich selbst in die Gefahr gestürzt, sie ist auch nicht böse deswegen: übrigens weiß man ja gar nicht, wozu so etwas gut ist. Am zweiten Ostertage geschieht auch der, übrigens nur in wenigen Gegenden gebräuchliche Austausch der „Bruderschüssel" (mätku-t-U, eigentlich Verlobnngsschüssel), welche ein guter Bekannter oder auf nähere Bekanntschaft Begieriger, mit Gebäck und einer Flasche Wein beladen, irgendwohin sendet, um sie von dort mit ausgetauschtem Inhalt zurückzubekommen. Dadurch werden die beiden Parteien verbrüdert, es ist gleich- bedeutend mit dem Bruderschafttrinken. Pfingsten geht es schon ganz still her. An seinem zweiten Tage (denn am ersten Tage der drei großen Feiertage pflegt man das Dorf nicht zu verlassen) kommen Gäste über Land, und nicht mit leeren Händen. Ist kein Gast da, so geht der Landwirth Nach- mittags mit seiner Ehehälfte aufs Feld, um die Saaten in Augenschein zu nehmen.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Ungarn (2), Band 9
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Ungarn (2)
Band
9
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1891
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
15.56 x 21.98 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
Kronprinzenwerk deutsch
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