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die aus Silberdraht geschickt geflochtenen Halsspangen und Schläfenringe, die ins Haar
geflochten zu werden pflegten.
Das ungarische Alsöld war jederzeit arm an Denkmälern der Banknnst. Da standen
weder keltische, noch römische Städte; die Wandervölker aber, welche da zur Zeit der
Völkerwanderung hansten, hatten nur Zelte und hölzerne Gebäude. Als aber Stephau
der Heilige die Magyaren bekehrt hatte, entstanden sogleich Kirchen uud kirchliche Gebäude,
mir daß sie in Ermanglung der für monumentales Bauen erforderlichen Materialien alle
ärmlich gebaut waren und somit unter den Unbilden der Zeit nach und nach vollständig
zugruude gingen. Cardinal-Erzbischof Ludwig Hayuald, der die wisseuschaftliche Forschung
in freigebiger Weise fördert, iuteressirte sich lebhaft für die etwa uoch auffindbaren Über-
bleibsel der uutergegaugeueu ersten Kathedralkirche von Kalocsa und ließ im Jahre 1869
durch Emerich Henßlmann Nachgrabungen anstellen, welche auch wirklich die Grund-
mauern der zur Zeit Stephans des Heiligen erbauten Kirche bloßlegten; doch konnte der
die Ausgrabungen leitende Archäolog, wie er mittheilte, das Fundament nicht vollständig
aufdecken lassen, da es zum großen Theil unter der jetzigen Kirche gelegen ist; indessen war
schon jener Theil desselben, der sich unter der Straße befindet, hinreichend, um nachzuweisen,
daß die ehemalige Kathedrale eine vierthürmige befestigte Kirche gewesen ist. An ihrer
Westfront war zwischen den zwei Thürmen sogar noch der Vorhof zu unterscheiden, der
die sogenannte „Mausefalle" bildete, wo der etwa eingedrungene Feind, nachdem mau das
aus- nnd niedergehende Fallgatter des Thores hinter ihm niedergelassen, von den beiden
Thürmen aus leicht vernichtet werden konnte. Auf die Vorhalle folgte ein ziemlich enges
und kurzes Langschiff, das mit einer halbkreisförmigen Apsis endete. Ein Querschiff jedoch
war nicht vorhanden nnd schon dies kennzeichnet die älteren ungarischen Kirchen.
Auf der Stelle dieser aus der Zeit Stephans des Heiligen stammeudeu Kirche
wurde schon im XIII. Jahrhundert eine sehr schmucke Kirche romanischen Stiles erbaut,
aus deren aufgedeckten Grundmauern und einzelnen aufgefundene« architektonischen Details
hervorgeht, daß diese Kirche zu deu prächtigsten im Lande gehört habe, denn ihre Zier-
glieder, namentlich die Sänlencapitäle waren sämmtlich aus weißem Marmor gemeißelt,
die Säulenfüße bestanden aus rothem Marmor uud die Maueru der Kirche aus grünlichem
Trachyt. Die Reste der Zierglieder, welche in Anbetracht der Bauepoche einen feinen
Kunstgeschmack bekunden, sind als Geschenk des Cardinal-Erzbischofs Haynald in das
ungarische Nationalmuseum gelangt. Ein Grabstein, der an der Außenseite des Sauctua-
riums der heutigen Kathedralkirche eingemauert ist, hat auch deu Namen des Steinmetzes
(Inpicicla), Martin Ravesn, aufbewahrt. Nach den Forschungen Emerich Heußlmauus
stammte dieser Künstler aus Burgund. Überhaupt war ja auf die ungarische Architektur
der Ärpädeu-Zeit die französische Schule von größerem Einfluß als die deutsche. In der
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch