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Nach der Vertreibung der Türken gab es nur in Näezkevi nnd Sziget-Szent-Miklös
ursprüngliche Einwohner, die übrigen Gemeinden siedelten sich nen an. Die Gemeinde
Tököl wurde vou Raizeu aus Dalmatien und Serbien besetzt, die Bewohner von Sziget-
Szeut-Märtou kamen aus Franken nnd Schwaben herein, Sziget-Ujsalu war eiue Colouie
von Deutschen aus Österreich, die Vorfahren der Einwohner von Beese aber kamen ans
Steiermark, Österreich und Schwaben.
Bei der Berührung der verschiedenen Stämme untereinander ist hier ein eigen-
thümlicher Fall zu beobachten. Die serbische Bevölkerung, die doch ursprünglich das
Übergewicht hatte, verliert überall an Boden, zum Vortheil der magyarischen und deutschen
Bevölkerung. Nicht nur ist die Vermehrung der serbischen Einwohnerschaft eine viel
geringere, als der deutsche» oder magyarischen, sondern sie geht auch im Wohlstand
gegen diese zurück. In Csep gibt es heute kaum mehr eine serbische Bevölkernng, die aber
früher überwog. In Csepel siedelte sich im vorigen Jahrhundert nur am nördlichen Theile
des Dorfes eine Gasse voll Deutscher an, und heute ist das ganze Dorf deutsch geworden
nnd diese Deutschen wandeln sich in Magyaren; die früheren Einwohner haben sich
entweder zerstreut, oder sind Deutsche geworden. Von Sziget-Szent-Marton siedelten die
Serben, als daselbst die Zahl der deutschen Ansiedler immer stieg, in demselben Maße
nach Räczkevi über. In Becse aber geschah es schon 1706, daß eines Nachts alle Raizen
getroffener Verabredung gemäß nach der benachbarten Gemeinde Lore auswanderten.
Gleichwie die Birke iu manchen Regionen die Bnche ausrottet, diese aber iu anderen
Gegenden die Eiche verdrängt und selber ihren Platz einnimmt, so sieht man hier die
deutsche und magyarische Bevölkernng ohne besondere Verabredung oder Planmäßigkeit
nach und nach Grnnd und Boden der Serben aufkaufen und diese selbst zur Auswanderung
bewegen. Und doch ist zu bemerken, daß die Einwohner untereinander von Anfang au
duldsam waren, ohne Rücksicht auf die Verschiedenheit von Ursprung und Glaubens-
bekenntniß. So faßte die Stadt Räczkevi schon 1725 einen Beschluß, der wahrlich dem
damaligen Zeitgeiste weit voraus war. Sie beschloß nämlich: „Da die Stadt ans drei
Religionen oder »gtatug« bestehe, das heißt aus Römisch-Katholischen, Reformirten und
Raizen oder solchen griechischer Eonsession, so möge fürderhin die Gerichtsbarkeit eine den
Angehörigen aller drei Religionen oder Bekenntnisse gemeinsame sein, so zwar, daß, da
der resormirte Status doppelt so viel betrage als der katholische und raizische, in zwei
auf einander folgenden Jahren der Richter aus dem die reformirte oder helvetische
Coufessiou bekennenden Status gewählt werde, uach den zwei Jahren aber beide Parteien,
nämlich ein Papist und ein Raize, durch Rathsbeschluß zur Abstimmung vorgeschlagen
werden, unter denen dann die Wahl für das Richteramt durch Abstimmung der Gemeinde
zn treffen sei". Bei derselben Gelegenheit wurde auch bestimmt, daß, da sie insgesammt
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch