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schon der Umstand ungünstig, daß auf dem Sande die Ausdünstung eine sehr starke ist;
so dauern denn meist jene Arteu aus, welche die Neigung haben, dichte Grasfelder uud
Rasen zu bilden. Perennirende Pflanzen kommen in geringer Zahl vor; sehr viele haben
nur eine Lebensdauer von wenigen Wochen. Bei späten Frösten und früher Dürre sind
diese die widerstandsfähigsten. So kommen von den Knollen- oder Zwiebelgewächsen
— diesen Sinnbildern des kurzen Lebens und der vergänglichen Pracht — hier und da
die einheimische Zeitlose, der Safran, dreierlei Vogelgras, dreierlei Asphodill nnd ein
ganzes Heer von Orchideen vor. Jene Pflanzen, welche zu ihrer vollen Entwicklung mehrere
Monate brauchen, waren in diesen Sandgegenden dem Kampfe ums Dasein nicht
gewachsen, da die Sommerhitze ihrem Leben ein Ende macht. Jene hingegen, die ihre
Lebensthätigkeit nm die Mitte des Sommers abschließen, haben sich zu Herren des Raumes
gemacht und überHand genommen. Eine besondere Eignung zum Fortkommen bekunden
ferner die Pflanzen, welche lange, vielverzweigte Wurzeln bilden, mit deren Hilfe sie sich
selbst im lockeren Sande festklammern. Die Brachdistel (krillAium) senkt ihre dicke, starke
Wurzel über ein halbes Meter hinab, bis zu einer Tiefe, in der sie noch immer etwas
Feuchtigkeit findet, und das kcliium vulxare schlägt völlig ankersörmige Wurzeln in den
lockeren Boden ein. Der großen Dürre widerstehen jene Pflanzen am besten, deren Stengel
flaumig, haarig ist. Ihre Ausdünstung ist viel geringer. Sie kommen in diesem Gebiete
ausfallend zahlreich vor, so die ^Lpsrulu Zluuea, Luplivrdia ewla, ^neliusa, das
Lekium, die Strohblume (Xerantkemuin unnuum 1^.), der Marienflachs („Waisen-
mädchenhaar", Llipa pennuw), eine Specialität des ungarischen Alföld. Auch die
anderwärts heimischen Pflanzen zeigen, sobald sie hieher gelangen, die Neigung, sich zu
beHaaren, wobei ihre Stengel und Blätter dünner, starrer und saftloser werden.
Die Bevölkerung der hier geschilderten Sandgegend hat sich vor nicht langer Zeit
angesiedelt; meist zn Anfang des vorigen Jahrhunderts. Zum Theil barg sie sich im
Überschwemmungsgebiete der Douau, im Särköz, vor der türkischen Willkür, und zog, als
die unruhigen Zeiten vorbei waren, aus die höheren Landrücken hinauf, wo sie uicht soviel
mit dem Wasser zu kämpfen hatte. Besonders war das alte Donau-Ufer eiu beliebter Nieder-
lassungsort. Die Einwohner des Dorfes Csanäd ließen sich erst zn Anfang dieses Jahr-
hunderts auf ihrem jetzigen Wohnplatze nieder; der frühere befand sich näher an der Donau.
Die magyarisch uud dalmatinisch gemischte Bevölkerung des Dorfes Szent-Jstvan ist von
der Donau-Insel auf den höheren Uferabhang übersiedelt, Keezel aber wurde durch seinen
Grundherrn, den Erzbischos von Kaloesa Grafen Gabriel Patachich, mit Einwohnern von
Miske bevölkert. Dieser Ort eignete sich ganz besonders zur Niederlassung. Am Rande der
Niederung befindlich, erhielten die Einwohner auch feuchte Wieseugrüude zum Eigenthum,
ohne dass ihre Häuser durch Überschwemmungen gefährdet waren. Überdies fand ihr Vieh
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch