Seite - 212 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (2), Band 9
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Sein ziemlich hoher Hügel besteht noch jetzt und enthält mancherlei Reliquien. Immerfort
kommen ans ihm durch Nachgrabungen Ringe, Pferdegebisse, Schnallen und Waffenstücke
ans Tageslicht. Nach geschichtlicher Überlieferung stand hier die Schanzenburg des Fürsten
Zalän, als die Magyaren einwanderten, und auf dem Gefilde von Alpär erfocht Ärpäd
an der Spitze seiner Kriegsscharen den entscheidenden Sieg, dessen Preis die neue Heimat
war. Das zersprengte Kriegsvolk Zaläns warfen die Magyaren in die Rohrsümpfe der
Theiß; mit seinem Heere verlor Zalän auch sein Land.
Oberhalb Alpärs, dort, wo die Schlacht aller Wahrscheinlichkeit uach stattgefunden,
erstreckt sich die Sandfläche beinahe bis an die Theiß hinab und gehört zur Gemarkung der
Stadt Keeskemit. Das betriebsame Volk von Kecskemet setzt mit seinen Prodncten an
dieser Stelle auf das jenseitige Gebiet über, wohin es namentlich Kraut, Kartoffeln,
Obst und dergleichen führt. Die Überfuhr befindet sich bei Tisza-Ugh; sie mußte verlegt
werden, als man der Theiß ein neues Bett grub. Früher hatten die Keeskemeter ihren
Landungsplatz bei der Szikraer Csärda, aber in jenem Flußarm fließt jetzt kein
Wasser mehr.
Bei der Szikraer Csärda steht ein Sandhügel, die größte Erhebung in dieser
Gegend; von ihrem Gipfel aus öffnet sich eine Aussicht von seltener Schönheit, wie sie sich
vielleicht im ganzen Alsöld nicht wieder findet, denn sie umfaßt bei schönem Wetter die
Kirchthürme von zehn bis zwölf fernen Ortschaften.
Die j)uszten.
Einige wagrechte Linien in verschiedenen Tönen von Grün, eine halbverfallene
Csärda (Wirthshaus) mit windschiefen Lehmwänden nnd vermorschtem Rohrdach, dann
ein trübselig geu Himmel starrender Brunnenschwengel: dies ist das Bild der Puszta, wie
es der Städter kennt. Ein zu trockener Stoff, um sich dafür zu begeistern; es fehlt darin
alle malerische Abwechslung, selbst die Phantasie findet da kaum etwas, woran sie sich
klammern könnte; und über alledem ausgebreitet liegt eine graue Wolke unendlicher Lange-
weile. Und dennoch wird diese Puszta immer wieder von den Dichtern besungen; die
poetische Einbildungskraft erfüllt sie mit wundersamen Reizen; wer zum ersten Male ihren
Umkreis betritt, hegt die Erwartung, es würden sich Feenhaine vor seinen Augen ansthnn.
So aber ist die Puszta keineswegs beschaffen.
Ihre Schönheit ist einfach geartet wie die des Meeres: sie ist die Unendlichkeit. Da
ist nichts, wodurch der Rand des Sehkreises ausgezackt erscheinen könute, ohne die geringste
Scharte lagert sich ihm ringsum der Raud des Himmelsgewölbes auf. Der Blick reicht so
weit in die Runde, wie vom Verdeck eines Schiffes: statt der Wellen des Wassers sieht er
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch