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In Pötharaszt, Vacs, Szent-Jmre stehen die Mauern noch heute, während in
Mike-Buda, Halom, Vatya nur noch zerstreute Backsteine die Stelle bezeichnen, wo vor
nicht allzu langer Zeit noch Rinnen sichtbar waren, auderwärts dagegen schon vor dreißig
Jahren die letzte Spur der verschollenen Gemeinde dem Boden gleichgemacht wurde.
Mitunter hat sich ein Name erhalten, wie „Kirchenhügel" oder „Kirchenfeld", um die
Erinnerung an das untergegangene Dorf zu bewahren. Und dies findet sich nicht nnr im
Pester Comitat. Auch auf den Pnszten des Besser oder Biharer Comitats, z. B. in Kot,
Jräsz, Bnesa, Belmegyer, Dobozmegyer sind die Ruinen der verfallenen Kirchen nnd
Klöster noch vorhanden und geschichtliche Urkunden bezeugen, daß an diesen Stellen, welche
jetzt Puszten sind, ehemals Städte und Dörfer gestanden.
Eine solche verfallene Kirche heißt im Mnnde des Volkes ,pus2w-templom«, was
wir des bezeichnenden Ausdruckes wegen mit „Pnsztenkirche" übersetzen wollen, obgleich
das Volk darunter eine verödete Kirche versteht, denn ,pus?to,- bedeutet als Beiwort
„öde". Und in diesem Sinne von „öde" wird das Wort auch oft in Ortsnamen gebraucht.
Pnszta-Kocser, Puszta-Pö, Puszta-Dan-Szent-Miklös, will also besagen: das verödete
Dorf Kocsör, oder das verödete Dan-Szent-Miklos.
Auch ihre besonderen Grenzmarken hat jede Pnszta, selbst wenn sie das Eigenthnm
irgend einer Stadt oder irgend welcher Privaten bildet. Die Pnszta Nyärsapät z. B. grenzt
an die Stadt Nagy-Körös und die Felder von Nyärsapät gehören zumeist Bürgern jener
Stadt, aber trotzdem bilden Stadt und Pnszta gesonderte Gebiete. Zwischen ihnen verläuft
der Greuzraiu, an dem einerseits das Gebiet der Stadt aufhört, anderseits das der Puszta
beginnt, obgleich das Feld diesseits und jenseits vielleicht demselben Besitzer gehört. Auch
dies bekundet noch, daß die heutige Puszta ehemals eine selbständige Gemeinde gewesen;
die Ursache zur Grenzscheidung besteht jetzt nicht mehr, wohl aber die Grenzscheide selbst,
als ein Vermächtniß der Vergangenheit. Das Volk selbst drückt diesen Unterschied mit
aller Schärfe aus. „Ich gehe auf die Tanya (Gehöft) hinaus", sagt er, wenn die Tanya
auf städtischem Gebiet liegt, aber im anderen Falle: „Ich gehe auf die Puszta hinaus."
Die Puszten sind meist zur Zeit der türkischen nnd tatarischen Verwüstungen
entstanden; der größte Theil uach der Katastrophe bei Mohäes. Als die Türken im Jahre
1529 bis unter die Wälle Ofens vvrdrangen und dann auch das Land zwischen Donan
und Theiß durchzogen, da verbrannten sie unterwegs alle Dörfer, die sie gar nicht zu
belageru brauchten, da Niemand dieselben vertheidigte; sie schleppten die Blüte der
Bevölkerung in die Sclaverei, zersprengten den Rest nach allen Richtungen und ließen
unbewohnte Einöden hinter sich. Bis auf den heutigen Tag ist ein großer Theil dieser
Dörfer nicht wieder aufgebaut worden und daher rührt es, daß auch jetzt die bedeutendsten
und ausgedehntesten Puszten sich im Lande zwischen Donau und Theiß befiudeu. Herren
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch