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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (2), Band 9
Seite - 223 -
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223 Die um diese Zeit erfolgte Neubesiedelung bedeutete beinahe eine Neuschaffung des Comitats. Ortschaften, die neben einander lagen, erhielten ihre Einwohner aus ganz verschiedenen Gegenden. Pilis und Alberti wurden mit Slovaken aus den Comitaten Nögräd und Sohl in bunter Mischung bevölkert; die Einwohner von Berczel kamen aus Hannover uud unter ihnen ließen sich später Magyaren nieder, die aus Uri dahinkamen; Uj-Hartyän wurde durch den Fürsten Grassalkovich größteutheils mit Deutschen aus Schlesien besetzt; Nemedi wurde von magyarischen Schafhirten, die aus Räczkevi ein- wanderten, ocenpirt, ihre Nachkommen flüchteten später nach Gran, von wo sie aber wieder zurückkehrten; in Sari setzte sich eine Mischung von oberländischen Slovaken und Schlesiern fest. — So viele Gemarkuugeu, so vielerlei Volk; und dennoch fehlt es dein Gesamint-Charakter der Bevölkerung nicht an gemeinsamen Zügen. Zum Theil wird dies durch die Thatsache erklärt, daß es unter den neu besiedelte» Gemeinden kaum eiue gibt, wo nicht gleichzeitig mit den neuen Bewohnern auch die Nachkommen der alten magyarischen Bewohner eingewandert wären, oder die nicht auch Bewohner aus.den nicht verwüsteten Gemeinden erhalten hätten. Die früheren Bewohner vergaßen, unter Fremden angesiedelt, nach und nach sogar ihre Muttersprache, wie dies bei vielen Dörfern nachweisbar ist, aber ihr Einfluß auf die Gestaltung des Volkscharakters ging nicht verloren. Dieser Einfluß wurde durch die äußeren Umstände verstärkt. Bor Allem wirkten Klima nnd Beschäftigung umgestaltend auf die aus verschiedenen Gegenden zusammengeströmten Bevölkerungen. In dieser Hinsicht hat das Klima Ungarns eine schier wunderbare Wirkung. Die große Hitze, die lange Trockenheit, Seltenheit des Regens und beständiger Wassermangel, der fast ver- schwindend kurze Frühling verändern zuerst die Gewohnheiten, dann die Sitten, schließlich sozusagen die ganze Empfindnngswelt der von auswärts Eingewanderten. Ein Fremdling, der in der früheren Heimat seine Tage bei unausgesetzter, einförmiger Arbeit verbracht hat, kann hier die eine Hälfte des Jahres hindurch in einer Behaglichkeit leben, die alle seine Erwartungen übertrifft, während er freilich gerade in der heißesten Jahreszeit eine so nachhaltige Arbeitskraft entfalten muß, wie er sie früher gar nicht geahnt. An windstillen Sommertagen, wenn das in den Sand gesteckte Thermometer 61 Grad Celsius zeigt, muß er seine von den Vätern überkommene Kleidung ändern, eine leichte, luftige Tracht anlegen und die Stiefel ausziehen, da er es in diesen an der Sonne nicht lange aushalten würde. Die Theuerung des Baustoffes uud die Seltenheit des Holzes zwingen ihn, im Freien zu wirthschaften uud das Getreide in Fehmen zu legen, statt es in Scheunen einzuführen. Er muß treten lassen, anstatt zu dreschen, denn er muß rasch fertig werden, sonst kommen ihm die Herbstregen über den Hals und verderben die auf freiem Felde befindlichen Fehmen. Und dergestalt durch die Naturverhältnisse aus seiner Behausung ins Freie Hinans- getrieben, ist er genöthigt, sich den Eigenthümlichkeiten der Natur auzupasseu.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Ungarn (2), Band 9
Titel
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Untertitel
Ungarn (2)
Band
9
Herausgeber
Erzherzog Rudolf
Verlag
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Ort
Wien
Datum
1891
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
15.56 x 21.98 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Kategorien
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