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vielleicht wegen seiner gemischten knmanisch tatarischen Bevölkerung, hat das heutige Knn-
Szent-Miklös einst Tatär-Szent-Miklös geheißen), sehen wir mit den Kumanen schon stark
befreundet, so zwar, daß er nahe am Ende seiner knrzen Regierung, schon todkrank, als er
vom großen Blutbad erfährt, das die Magyaren unter den Knmanen verübt haben, ein
heiliges Gelöbniß thut, falls er gesund werde, dasselbe zu rächen und für jeden getödteten
Knmanen zehn Magyaren zu opfern. Aber der Tod verhütete diesen Act. Hundert Jahre
später kommt wieder ein neuer Schwärm hereingeströmt. Bierzigtausend Familien flüchten
vor den Mongolen, die ihnen auf den Fersen folgen. Ihr König, Knthen, findet sammt
seiner Familie ein trauriges Ende, doch wird seine Tochter zur ungarischen Königin erhöht
und seinem Volke eine Heimat gewährt im unteren Klein-Kumanien und im Maros-Köz.
Am Hofe Ladislans' IV. bietet der knmanische Einfluß dem magyarischen die Spitze und
erstarkt beinahe zu einer verhängnißvollen Hegemonie. Knmanische Tracht in Gewand,
Haar und Bart, knmanische Höflinge und Hofdamen werden bei Hofe beliebt; die Knmanen
kämpfen um die obersten Ämter, bis zum Palatin hinauf, und alles das bietet der hohen
Geistlichkeit und dem Hochadel endlosen Stoff zur Beschwerde. Und während sie solcher-
gestalt ihre Hand nach den Zügeln der Regiernng ausstrecken, geben sie anderseits der
Entwicklung der europäischen Taktik eine nene Richtung, indem sie — noch immer im
praktischen Besitz jener Kampfweise, durch welche die Magyaren in alter Zeit ihren
Lorbeer errungen hatten, die aber unter dem dreihundertjährigen Einfluß der ritterlichen
Institutionen des Westens und der geänderten Verhältnisse nachgerade schon außer Übung
gerathen war — die Organisation der leichten Reiterei wieder beleben.
„Leichter Reiter, der kämpft im Galopp; auf fliegendem Rosse
Furchtbar, wenn mit dem Pfeil angreifend, doch lockt seine Flucht dich
In noch schlimmere Falle "
So zeigte sich dies in der Schlacht an der Leitha, wo die fliehenden Knmanen
den siegreichen Friedrich von Babenberg mit dem Pfeil erlegten, und noch klarer auf dem
Marchfelde, wo 20.000 leichte knmanische Reiter, von Ladislans IV. geführt, einen
entscheidenden Antheil an der Begründung der Habsbnrg'schen Weltmacht nahmen. Dieser
König hat es während seines ganzen knrzen Lebens bald als Frennd, bald als Feind mit
den Knmanen zu thun. Kein Wunder, in seinen Adern mischt sich magyarisches Blnt mit
dem kumauischeu seiner Mutter. Zuletzt wirft sich der junge König vollends den Knmanen
in die Arme; auf den knmanifchen Puszteu flattert er von Blnme zu Blume — Köpcsek,
Mandnla, Edna sind Namen seiner Geliebten — nnd sein junges Leben erstickt endlich in
diesen Liebschaften. Die Brüder Ednas hauen ihn nieder. Und nun ist es vorbei mit dem
knmanischeu Einfluß uud mit der besonderen Geschichte der Knmanen.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch