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doch lieber in Vieh an. Ohne „Leute von Keve" gibt es weit und breit keinen Markt in
Ungarn. Die herrliche zweithürmige Kirche von Kuuhegyes spricht auch schweigend
beredt genug für sich. Kisu j sza l läs und Karezag scheine» aber trotzdem ihren
Schwestern an Volkszahl und Größe des Gebietes den Rang abzulaufen und außer
ihueu auch noch vielen, vielen größeren Städten Ungarns durch die großen Opfer, die
sie ihren öffentlichen Bildnngsanstalten, darunter der Entwicklung ihrer Gymnasien,
gebracht haben.
Und nun zum arme» Kleiu-Kumanien und seinem berittenen Volke, denn mehr als
das kleiu-kumanische Volk reitet keines. Wir aber brauchen deßhalb kein Pferd zu besteigen,
um den ausgedehntesten Puszteubezirk des Landes — wie einstmals seine „armen Bursche"
und Ninderhirteu — zu durchjage». Weit schneller eilt mit uns das Dampfroß dahin, in
einem Tage umfahren wir das Ganze und können einen Blick werfen in seine Ortschaften,
deren Namen am liebsten mit »sxälläs« (Quartier) und „eZMä?« (Kirche) enden. Unter-
halb Kecskemets streckt sich weithin Felegyhäza aus, eine der reichsten Städte des Landes;
dann kommen, schön bevölkert, Majsa uud D orozsma in der Nähe von Szegedin; alle drei
sind jazygische Schwärme. Eine kurze Eisenbahnsehne bringt uns im Flug zur Budapest-
Semliuer Linie und dort in die nördliche Richtung zurückleukeud, finden wir Halas
mitten in seinem 600 Quadratkilometer große» Gebiete, im Besitze vieler Puszteu. Ein
Glück, daß wir es mit der Eisenbah» erreichen können, sonst müßten wir uns — wie in das
Schlaraffenland durch Berge von Zuckerbrei — dahin durch Saudgebirge durchkämpfe».
Die Sandwellen sind jetzt schon größtenteils aufgeforstet uud ihnen zu Füßeu liegen von
Wasseradern durchzogene Wiesen, eine Fülle ertragsreicher Äcker, und drin in der Mitte
der Puszteuwelt birgt sich eine schöne Oase, über deren schattige Baumkronen nur zwei
große Thürme emporragen und deu Ort bezeichnen, wo Halas, das „mächtige Halas" des
Sprichworts, liegt. In seinen sandigen Gassen, welche mit schönen öffentlichen Gebäuden
und noch schöneren Privathäusern besetzt sind, tummelt sich elastischen Schrittes eine ans
Puszteulebeu gewöhnte Bevölkerung von mittlerem Wüchse, aber stählernen Nerven,
gesundem Autlitz, kreisrund geschnittenem Haar und kurzer Gewandung. Sein stark
besuchtes Obergymnasium nimmt außer den Einheimischen, die sich besonders gern der
kirchlichen Laufbahn widmen, die Söhne der Baeska und Barauya iu sich auf, und zwar
so zahlreich, daß das ohnehin alte und enge Gebäude sie kaum zu fassen vermag.
Ein großer, rohrbewachsener See umgibt im Halbkreise die Stadt; in der Mitte des
Sees liegt eine Insel, zu alter Zeit ein Zufluchtsort, jetzt eine Ziegelei, welche reiche
Erträgnisse in Aussicht stellt; der See wimmelt von jenen löffelkopfgroßen Karauschen, die
kanm größer siud als das Siegel der Stadt sie zeigt, aber vortrefflich schmecken. Hinter dem
See erstreckt sich ein 3.000 Joch großes, einst wildes Sandgebiet, jetzt civilisirt durch
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch