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Das Klima der Gegend ist zwar im Allgemeinen das des Alföld, das Wetter jedoch
ist günstiger als draußen in der großen Ebene. Drei größere und etliche kleinere Gewässer,
verhältnißmäßig viel Wald und Baumpflanzungen sind von wohlthätigem Einfluß auf
Luft und Fruchtbarkeit; überdies ist der ganze Norden mit schützendem Gebirge umrahmt,
das für nördliche Luftströmungen nur einen einzigen breiteren Weg freiläßt: das Thal
des Ond-Baches bei Szerenes. Die Zahl der dürren Jahre ist hier viel geringer als am
linken Theißufer, die Winter dagegen sind meistens strenger als dort.
Die Bevölkerung ist, mehr der Sprache als dem Stamme nach, rein magyarisch.
Sie scheint sich mit slavischen Elementen vermischt zu haben, obwohl sie sich gerne als
Überrest jener magyarischen Eroberer hinstellt, an deren Spitze der „siegreiche Arpäd" zu
Szerenes die „zweite Station" auf seinem Siegeszuge machte. Übrigens sind die Bewohner
der westlichen Theile nach ihrem physischen Aussehen schöner, muskulöser und sogar höher
von Wuchs als die der östlichen. Unter den letzteren ist es auffallend, daß, namentlich im
Taktaköz, die Weiber im Allgemeinen ein höheres Lebensalter erreichen als die Männer.
Zwar sind auch dort achtzig- bis neunzigjährige Männer nicht gerade selten, die große
Mehrzahl aber überlebt kaum das fünfzigste Jahr, während die Zahl der sechzig- bis siebzig-
jährigen Frauen stets eine beträchtliche ist. Die dunkle oder zum Dunklen neigende Hant-
nnd Haarfarbe herrscht im Allgemeinen vor, doch trifft man ebenso selten reines Braun
wie reines Blond. Auch das klarblaue Auge ist selten.
Die Religion des größten Theiles der Bevölkerung ist die reformirte; nur eine einzige
Gemeinde, Girincs am Sajo, ist rein römisch-katholisch; griechisch-nichtnnirte Kirchen-
gemeinden gibt es nur in Szerenes und Zombor. Juden finden sich sporadisch überall, die
meisten in Zombor. Die Römisch-Katholischen sind zumeist seit der Gegenreformation im
XVII. Jahrhundert hier ansässig geworden; Girincs war sogar eine rein slovakische Kolonie,
ist aber heute gänzlich magyarisch und hat sich höchstens noch den Typns und manche
Gebräuche einigermaßen bewahrt. Sprache und Tracht stimmen mit denen der Magyaren
in der Hegyalja überein. An localer Eigenthümlichkeit bemerkt man in dieser Hinsicht
höchstens so viel, daß die resormirten Frauen die dunkle Tracht vorziehen, während die
übrigen mehr zum Bunten, mit Roth Geputzten neigen.
Das Volk lebt im Allgemeinen nüchtern, ist arbeitsam, sparsam, also wohlhabend;
seine Sitten sind einfach. Dabei ist es sowohl von Natur als auch, Dank den guten Schulen,
welche durch Kirchen und Gemeinden überall erhalten werden, sehr intelligent; selbst auf
den Tanyas gibt es wenige Menschen, die nicht anständig lesen nnd schreiben können.
Hauptbeschäftigungen sind Landwirthschaft und Viehzucht. Für Beides findet das
Volk treffliche Beispiele in den dicht gereihten, wohlgeordneten Großgrundbesitzen, die schon
füglich als Musterwirthschaften gelten können. Unter diesen gebührt der erste Platz der
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch