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einen Theil der Steuer zn erlassen. — Fürst Gabriel Bethlen begann den Wiederaufbau
der durch Feuersbruust zerstörten Domkirche, Georg Räköczy I. aber beendigte dieselbe und
schenkte ihr eine 50 Centner schwere Glocke, aus Kanonen gegossen, die er in siegreichen
Feldzügen erbeutet hatte, — sie heißt noch jetzt Räköezy-Glocke. Georg Räköczy II. hinterließ
der Stadt ein weit schlimmeres Andenken. Er verlor sein Heer auf dem Kriegszuge uach
Polen und brachte Debreczin durch seinen Kleinkrieg gegen die Türken den Feind an den
Hals, gegen den er es dann nicht schützen konnte. Er selbst blieb in der Schlacht bei Gyaln
und der alte türkische Pascha forderte von den Debrecziueru mir uoch große Messer und
eine lange Kette, jene, um deu gefallenen nngarifchen Streitern die Köpfe zu schinden, diese,
um die Gefaugeuen daran festzubinden.
Auch in der folgenden Zeit kam eine lange Reihe von Calamitäten über die Stadt
Debreczin. Die systematischen Verheerungen des Generals Caraffa überboten noch die
türkischen Grausamkeiten, so daß, als er Debreczin verließ, die Hälfte der Häuser unbewohnt
blieb. Und als bereits Feuer, Hochwasser, verkehrte Ordnung der Elemente, und was noch
verheerender als alle Elemeutarkraft, die tolle Wuth des Menschen sich im Verwüsten
müde getobt, da gerieth die feste Erde selbst in Bewegung, um das große Werk des
Verderbens zu vollenden, und ein Augenblick des Erdbebens stürzte Alles in den Staub,
was irgend noch stehen geblieben. Und das Volk von Debreczin verlor selbst jetzt nicht die
Kraft der Seele, es verwand jeden Schlag, baute jede Ruine wieder auf, begann jede Arbeit
von vorne; selbst in bedrohter Lage, bot es ein Asyl allen verfolgten Bewohnern des
ganzen Landes. Die ihrer Religion wegen bedrängten Gläubigen und der wissenschaftliche
Geist hatten eine feste Burg: die Hochschule vou Debreczin. Diese ließ sie niemals verfallen
und von ihr aus strahlte seine geistige Kraft ernent in die Rnnde.
Gleich dem Gestade einer neuen Welt schimmert aus diesem stürmischen Getümmel
die ueue Epoche hervor, welche durch das Diplom Leopolds I. eingeleitet wird. Es folgte
auf die Tage der äußersten Noth. Die Osmanen, auf allen Schlachtfeldern geschlagen, aus
alle» ihren Festungen hinausgedrängt, in ihre letzte Beste Temesvär hiueiugedrückt, über-
rumpelten Debreczin mit ihren Tatarenhorden, um sich gewaltsam zu verproviautireu. Die
ganze Einwohnerschaft floh vor der unbarmherzigen Schar. Leer stand die Stadt, Niemand
erntete die Saat, verlassen waren die Weideplätze. Die ganze Gegend eine Wüstenei.
Und Alles wurde wieder neu geschaffen.
Das Diplom König Leopolds I. vom Jahre 1693 erhebt Debrecziu schon in die
Reihe der königlichen Freistädte, deren Depntirte auf dem Reichstage erscheine». Die
königliche Urkunde entwirft ein lebendiges Bild der außerordentlichen Drangsale dieser
großen Stadt und ihrer nnter solchen Verhältnissen geleisteten hochwichtigen Dienste,
welche „die menschlichen Begriffe übersteigend" genannt werden. Znm Lohne für solche
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch