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Verdienste befreit sie die Stadt von allen Gruudherreulasteu, vom Dreißigsten nnd den
Mauthgebühreu, bestätigt sie in ihren alten Gebräuchen und Befugnissen und ergänzt
gleichzeitig das Wappen der Stadt mit einem grünenden Palmbaum.
Uud dieser Palmbaum wuchs neu in die Höhe. Denu seine Wurzeln standen fest in
der Obrigkeit der „Republik" Debreeziu und in den Sitten des Volkes. Diese uralten
puritanischen Sitten standen in der Hut von streng gehaudhabteu Gesetzen. Schamlosigkeit,
Üppigkeit, Fluchen, ja eine Zeitlang sogar das Rauchen, wurden unbarmherzig mit Marter
und Tod bestraft. Jeder Mann, der in eine Innung eintrat, mußte innerhalb eines
Jahres heiraten; Ehebruch wurde mit Enthauptung geahndet, das Hans des Bürgers,
der sich vom Heere entfernt hatte, wurde niedergerissen.
Und dabei wurden Industrie und Landbau entwickelt, die Wissenschaft uud der
reformirte Glaube gepflegt. Die Goldschmiede vou Debreeziu waren berühmt wegen ihrer
Arbeiten in edlem Metall, noch berühmter die Gelehrten, deren Werke, kostbarer als Gold
und Silber, die Druckerei der Stadt verewigte.
Und während die weisen Volksführer, vom Kollegium angefangen bis in die
Schnsterwerkstätte hinab, jedes Mittel für den Erfolg der physischen nnd geistigen Arbeit
in Anwendung brachten, widmeten sie ihre Sorgfalt auch noch der fernen Znknnft. Eine
nach der anderen, kauften sie die umliegenden Pnszten an, welche knrz vorher noch blühende
Dörfer waren, die Nester altungarischer Adelsfamilien wie der Ohatis, Szepefis, Zelemeris,
Bajonis. Die Ungunst der Zeiten, die türkischen Verheerungszüge, die Unsicherheit des
Lebens hatten den Adel sortgeschencht, >n andere Gegenden, unter den Schutz größerer
Festungen, ihre Besitzbriefe waren vernichtet, sie selbst verschollen, ausgestorben oder
anderswo unter anderen Namen zu neuer Blüte gelangt. Das Gebiet von Debreczin aber
wuchs immer mehr, theils dnrch Besitzkauf, theils durch glückliche uud vorsichtige Proceß-
sühruug, und es kam zuletzt einem kleinen Herzogthnm gleich.
Vom Räköczy'schen Freiheitskriege hatte sich Debreczin losgekauft um 25.000 Gulden
in Gold und Silber, die es dem Fürsten bezahlte. Die nationalen Fürsten uud ihre Heer- '
sichrer waren stets durchdrungen von dem Bewußtsein, wie wichtig die Erhaltung Debreczins
für die nationale Cultur sei, daher schützten sie die Stadt vor jedem blutigen Streiche,
führten ihr junges Volk nicht fort in den Krieg und warnten sie sogar bei Zeiten, wenn
ein feindliches Heer im Anzüge war, damit die Einwohner sich noch flüchten konnten. Und
wenu dies geschah, dann blieb in ihren Häusern auch nicht eine Seele zurück, der Feind
fand eine todte Stadt auf seinem Wege liegen.
Nach dem Szathmärer Friedensschlüsse, dessen Präliminarien in Debreczin, nnd zwar
in Georg Komäromys Hause auf der Czegleder-Straße, iu dem noch jetzt so genannten
Komäromyschen Hause festgestellt wurden, hört die Specialgeschichte Debreczins ans. Als
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch