Seite - 297 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (2), Band 9

297 Die Schäferhütte sieht wieder anders aus. Ihr Inneres ist Wohnstube und Küche zugleich; ein Bett mit Kissen, eine Truhe mit Tulpen bemalt, stehen darin, Beutel mit Schafkäse hängen am Balken. Das Weib des Schafhirten wohnt mit auf der Puszta und kleine Kinder spielen um die Hütte her. Manche Hütte ist wie eine Insel mit Wasser umgeben und ein Brücklein führt in den Hof hinüber. Ein interessanter Anblick ist die „Delibäb" (Luftspiegelung) der Hortobägyer Puszta, die dort an jedem heiteren Sommertag ihr feenhaftes Gaukelspiel treibt. Der Horizont gleicht einem Meere, dessen Wellen sich rasch dahinschlängeln und ans dessen Schooß dunkelgrüne Wälder und Inseln auftauchen. Der Thnrm einer fernen Kirche erscheint verdoppelt. Znweilen hebt die Delibäb die Bilder von Ortschaften^ die unterhalb des Horizontes liegen nnd nicht einmal durch das Fernrohr wahrzunehmen sind, hoch in die Lnst, so daß die Hortobägyer Puszta mit Städten vollgebaut erscheint. Dann wieder sieht man zwei Roßherden über einander weiden. Wenn dieses Blendwerk eines Meeres das Land nach und nach verschlingt, scheint da und dort eine Gruppe von Thieren am Rande des Horizontes zn stehen und erscheint durch optische Täuschung so groß, als stünden lauter Mammuths beisammen. Aber der herrlichste Anblick auf der Puszta ist der Sonnen- aufgang im Sommer. Wer ihn genießen will, muß gar früh, schon vor drei Uhr, noch unter dem Sternenhimmel beim ersten Frühroth hinausgehen auf die Puszta Zäm. Hier dehnt sich vor uns die echte Puszta aus. So weit das Auge in die unabsehbare Ferne blickt, sieht es keinen Hügel, keinen Baum, keine Hütte, keinen Rohrkegel, nicht einmal einen Ziehbrunnen, die ihm als Richtpunkt dienen konnten. Nah nnd serne kein Bürger von Debreczin.