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Lustigkeit und Gasterei, feurige Zigeunermusik erscholl, der Wein floß in Strömen,
allerhand gutes Essen war in Überfluß vorhanden. Der Bewohner der Nyirgegend bewahrt
das Gedächtniß der vergangenen Herrlichkeit mit Pietät in seinen Liedern und Sagen
und hält es sogar durch seine Volksspiele aufrecht. Während aber bei den Magyaren des
flachen Alföld sozusagen ausschließlich die Sagen von Attila und König Matthias sich
erhalten haben, ist die Lieblings- und Hauptfigur in den Volksüberlieferungen der Nyir
König Ladislaus der Heilige, von dessen Wunderthaten man viel zn erzählen weiß und
dessen Andenken in zahllosen Festsprüchen, Liedern und Spielen lebt. Sehr viele Sagen
sind außerdem über die Bäthorys und die Herren von Kis-Värda erhalten.
Die Nyirgegend war schon in vorgeschichtlichen Zeiten dicht bewohnt; die reichen
Funde aus der Stein- und Bronzezeit, die an mehr als hundert Stellen vorgekommen
sind, beweisen es; thönerne Netzbeschwerer, Pfeilspitzen aus Feuerstein und Obsidiau,
Sicheln und andere landwirthschastliche Geräthe, Messer, Steinbeile, durchbohrte Meißel,
Äxte mit Schastuug, Bronzehämmer, verschieden geformte und verzierte Gefäße kommen
vor. Und daß der dortige Urbewohner diese Geräthe sich nicht nur durch Handels-
verbindungen verschafft, sondern sie auch selbst verfertigt hat, das beweisen die zahllosen
Feuerstein- und Obsidiansplitter, für die Bronzezeit aber außer den im Museum des
Szabolcser Comitats befindlichen Bronzeklumpeu, Kupferknollen und etlichen Gußformen
jener in seiner Art einzige Gußofen, der kürzlich beinahe vollkommen erhalten aus deu
reichen Fundstätten von Rakamaz ans Tageslicht kam und jetzt das Hauptstück der
interessanten archäologischen Sammlung des Dr. Andreas Jözsa bildet.
Außer den erwähnten Gegenständen sind sehr beachtenswerth die aus dieser Gegend
in die Museen des Szabolcser Comitats, der reformirten Hochschule zu Debreczin und in
das Budapester Natioualmuseum, sowie in den Privatbesitz einzelner Sammler gelangten
Armspangen, Bronzenadeln, Schmuckschnallen, Ringe, Gürtelplatten, Glaspasta-Perlen
und besonders die herrlichen Ziergegenstände von Nagy-Källö, welche unzweifelhaft
beweisen, daß das Urvolk, welches hier gewohnt, eine verhältnißmäßig sehr entwickelte
Cultur besessen hat.
Von den an Funden ergiebigen und in archäologischer wie anthropologischer Hinsicht
überaus lehrreichen Begräbnißstätten dieser UrVölker sind bis jetzt die von Hngyaj,
Anarcs, Ajak und zuletzt von Nyiregyhäza aufgedeckt uud wissenschaftlich untersucht.
Als das Land durch die Magyaren erobert wurde, war die Nyirgegeud nach dem
auouymeu Chronisten von Chasaren bewohnt; diese wurden durch die Feldherren Szabolcs,
Tas und Töhötöm, welche die Theiß überschritten, verdrängt uud ihr den Siegern
zusagendes Gebiet mit deren eigenem Volke besetzt. Um die Eroberung zu sichern, ließ
Feldherr Szabolcs am Theißnser eine starke Schanzenbnrg errichten, die nach ihm
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch