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Die mächtigste aber u»ter allen diesen Familien war die Familie Bäthory, die auch
in der Geschichte Ungarns eine Rolle ersten Ranges gespielt hat und an deren Geschicke
das Schicksal der Nyirgegend vvm Ende des XIV. bis znm XVII. Jahrhundert geknüpft
blieb. Dieses mächtige Geschlecht, welchem Heerführer und Fürsten entsprossen, besaß auch
außerhalb der Nyir ungeheure Läudereieu und ihre riesigen Besitzungen erstreckten sich
weit hinein in die benachbarten Comitate.
Im XV. Jahrhundert wurde die Nyir arg verheert durch die hussitische Bewegung,
an deren Spitze hier ein Mann Namens Märton stand. Selbst die Edelleute, die ein
Banderinm besaßen, waren gezwungen, sich vor der Übermacht der Aufrührer zurück-
zuziehen, bis endlich die Bäthorys und der Adel von Szaboles und Szatmär mit vereinten
Kräften über die Empörer herfielen, sie zersprengten und Märtou nebst seinen Mithanpt-
lenten hinrichten ließen.
In den Zeiten nach der Schlacht bei Mohaes litt das Land der Reihe nach unter
den Kriegen der Gegenkönige Ferdinand uud Johaun, unter den religiösen Wirren,
dann unter den Freiheitskämpfen der Boeskais, Bethlens, Tökölis und Räköczys. Nach
dem Aussterben des Hauses Bäthory überging ein großer Theil der Nyirgegend auf die
Räköczys; uach der Flucht Franz Räköczys II. gelangte er in den Besitz der Kärolyis und
Dessewffys.
Unter den Städten der Nyirgegend ragt in jeder Hinsicht Nyiregyhäza, der
Hauptort des Szaboleser Comitats, am meisten hervor.
Das ganz plötzliche Aufblühen dieser Stadt ist fast ohne Gleichen in der Geschichte
der ungarischen Provinzstädte und zugleich sehr lehrreich. Geschichtliche Überlieferungen,
günstige Lage, gesunde Gegend, die Intelligenz und Zähigkeit ihrer Bewohner, die weise
Voraussicht ihrer Lenker, alle diese Grundbedingungen der Entwicklung und des Auf-
blühens einer Stadt sind hier glücklich zusammengetroffen. Infolge dessen erhob sich diese
Stadt im Laufe vou kaum anderthalb Jahrhunderten selbst unter vielerlei Mißgeschick von
einer armen Ortschaft mit 500 Frohnbauern zu einer ansehnlichen Stadt von 25.000 Ein-
wohnern und zum Brennpunkt des Verkehrs und geistigen Lebens der Gegend.
Auch die Vergangenheit dieser Stadt mit so rascher Entwicklung und so großer
Znknnft ist denkwürdig. Schon in den ersten Jahren der Eroberung des Landes besetzt,
dann zuerst königliches Eigenthum und auch später im Schutze mächtiger Oligarchen
stehend, am Anfang des XVIII. Jahrhunderts zu Hajduckeu-Privilegieu gelangt und
zwischen ungarischem, türkischem und siebenbürgischem Gebiet die Rolle eines Grenzbezirks
spielend, wußte die Ortschaft dem ganzen Comitate gegenüber ihre privilegirte Stellung
zu behaupten, so daß die Eomitatsstäude wiederholt genöthigt waren, beim Reichstag
Beschwerde zu erheben gegen die trutzige „Filial-Hajduckeustadt".
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch