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die Nähe des mächtig aufstrebenden Nyiregyhäza drückend besonders ans die Entwicklung
seines Handels und seiner Industrie.
Nyir-Bätor ist ein alter Stammbesitz und Wohnort der Bäthorys, der sich zu
Anfang des XVII. Jahrhunderts im Genuß von Hajdnckenfreiheiten befand, heute eine
hübsche, reiche und stetig fortschreitende Stadt von etwa 5.<X>0 Einwohnern. Diese betreiben
Landwirthschaft uud Gewerbe, feiue Jahrmärkte sind berühmt nnd viel besucht. Seine
Sehenswürdigkeit sind die beiden dnrch die Bäthorys erbauten gothischen Kirchen, deren
eine den Römisch-Katholischen, die andere den Resormirten zugehört. Die katholische
verräth nur uoch durch ihr Äußeres, daß sie gothisch war, das Innere ist am Anfang des
vorigen Jahrhunderts im Barockstil erneuert worden. Die resormirte Kirche dagegen ist
rein spätgothisch. Sehenswerth sind in ihr die herrlichen, aus Eichenholz geschnitzten
Renaissance - Stühle mit stilisirten Figuren und den Familienwappen der Erbauer
geschmückt, ferner das Tabernakel in demselben Stil und zwei schön sknlpirte Sarkophage
der Bäthorys.
Va ja hat das alte Familieukastell der Vays auszuweisen. M ä r i a - P ö c s ist ein
berühmter Wallfahrtsort der Griechisch-Katholischen, Berezel der Geburtsort Georg
Bessenyeis, eines Bahnbrechers der modernen ungarischen Literatur. Bezded hat eine
uralte Kirche. In Szakoly sind die Szakolys, in Auares die Auaresi-Keleds von
Alters her heimisch. In Tisza-Dob sieht man das prächtige und schön gelegene Schloß
des Grafen Julius Audräfsy. Nach deu eigenen Plänen des berühmten Staatsmanns
ans mäßiger Anhöhe, an einer Mündung der Theiß, inmitten eines reichen Wildparkes
in spätgothischem Stil erbant, beherrscht uud ziert es die Gegend, imponirt mit seine»
gedrungeneu und doch gefälligen Formen nnd seinen schmücken Thürmen, von denen sich
eine herrliche Aussicht über die Ebene bis weit au die Karpatheu eröffnet. Das Juuere ist
glänzend ausgestattet, vou besonderer Pracht ist der Rittersaal mit den Ahnenbildern der
Familie, großartigen Gobelins und Waffeugruppeu.
Dies wäre also das jetzige Bild der Nyirgegend, das indeß voraussichtlich binnen
knrzem ungewöhnliche Veränderungen erleiden wird. Denn die Nyir gehört zu jenen
glücklichen Gegenden, welche durch die eingetretenen wirthschaftlichen Wandlungen unauf-
haltsam ihrer Blüte zugeführt werde«. Der Boden der Gegend besitzt so günstige
Eigenschaften, daß er nur die Errungenschaften der ökonomischen Wissenschaft zu nützen
braucht, um auf demselben Raume das Dreifache des bisherigen Erträgnisses zu erzielen
und, da sein Ertrag außerordentlich sicher ist, zu einem Füllhorn für die Bevölkernng
zu werden. Eine andere Goldquelle ist der Weinbau. Seit Jahrtausende» weht der Wind
deu Sand der Nyirgegend zu langen Ketten von Hügeln, Rücken uud Haufen zusammen,
welche bis jetzt, nur düuu mit kümmerlichem Pflauzeuwuchs bestanden, fast ganz werthlos
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch