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Der Berettyö schlangelt sich wie ein Silberband durch den ganzen Hegyköz. Dies
ist der Name der Ebene und Hügelgegend, welche längs des Berettyö zwischen den
Ermelleker uud Biharer Bergen liegen. Auf der Jusel im Berettyö stand einst die starke
Beste von Szent-Jobb, von der man jetzt nur noch ganz geringe Reste neben den Gebäude»
der Abtei und der auch von Wallfahrern besuchten römisch-katholischen Kirche findet. Die
Benedictinerabtei ist noch von St. Ladislans gegründet worden und hat ihren Namen
von der rechten (jobb) Hand König Stesan des Heiligen, welche daselbst aufbewahrt
wurde; übrigens wird der Name des Ortes von den Bewohnern selbst jetzt Szent-Jöb
(Hiob) ausgesprochen.
Zwischen Hegyköz-Szeut-Jmre uud Szalard sieht man am Ufer des Berettyö mitten
im Wiesenlande vier sehr hohe, aus rothen Backsteinen erbaute Thurmruinen anfragen.
Es ist dies eine der ältesten Besten in Ungarn, Burg Adorjäu, welche schon im Jahre
1284 eine Belagerung ausgehalten hat. Seit 1401 ist sie Eigenthum der Familie Csäky,
der sie späterhin auch das Prädicat verlieh. Diese Familie ließ in der Nachbarschaft, zn
Szalard , die noch gegenwärtig bestehende frühgothische reformirte Kirche erbauen,
ursprünglich als Klosterkirche der Frauciseaner. An einem der Schlußsteine im Gewölbe
der Sakristei sieht man einen Menschenkopf mit Bart und Schnurrbart, langem Haar und
spitzer Mütze ausgehauen, das ursprüngliche Wappen der Csäkys. Bis zu den Fünfziger-
Jahren hatte auch das Eisenbad vasas (— Eisenbergwerk) von Szalard einen
guten Ruf und wurde namentlich von vielen leidenden Frauen aufgesucht. Desgleichen war
die Szalärder Rinderherde des Peter von Esernovics im ganzen Lande bekannt. Jetzt sind
Bad und Herde verschollen.
Der Hegyköz genannte Landzwickel wird durch den Kösmö-Bach abgeschlossen, der
an der Stadt Bihar vorbeifließt und bei Pap-Tamasi in den neuen Kanal des Berettyö
mündet. Die Gegend wird von einem schönen tüchtigen Schlag magyarischen Volkes
bewohnt, dessen Tracht die schönste im ganzen Comitate ist. Sie besteht aus einem seinen
Leinwandhemde mit breitgeöffneten, spitzenbesetzten Ärmeln, aus der weiteu, in vier
bis sechs Blättern genähten, mit dem „Bindsadenzieher" aus Gänseknochen künstlerisch
gefalteten „Galya" (Leinenhose), welche bis auf den Schaft der schmucken Sporeustiesel
niederfällt; dazu kommen ein schwarzes geknotetes Halstuch, eine dicht mit runden Metall-
knöpfen besetzte, stets offene Weste, ein schwarzer Szür (Lodenmantel), der im Sommer
an den Stock gehängt über der Schulter getragen wird, endlich das kleine Esärdäs-
Hütchen mit Reiherfeder. So sieht der Bursche von Marja oder Kereki im Feiertags-
gewand aus.
Jenseits des Berettyö hinter stämmigem Eichwald erscheinen die Thürme von
Pocsa j . Dort, in dem Winkel, den die Vereinigung des <Hr und Berettyö bildet, stand
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch