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Himmel und er sagt genau, wie viel Uhr es ist; am Gezappel der Gründet erkennt er,
daß ein Gewitter bevorsteht. Mit Sicherheit gibt er die Richtung des Windes an; dazu
steckt er sich den Zeigefinger tief in den Hals, um ihu recht naß zu haben, und hält ihn
dann über den Kopf, um ihn vom Winde treffen zu lassen.
Indeß, der „Päkäsz" ist seither so gut wie völlig ausgestorben. Der Große Surret
ist eingegangen, in den Kleinen Särret aber, von dem noch eher etwas vorhanden, ist die
Eisenbahn eingedrungen, diese feurige Feindin aller Urzustände. Die Gewässer des Särret
fließen durch Kanäle ab, sie können den Sumpf nicht mehr nähren. Die Gemeinden am
Rande des Moorgebietes haben auf diese Art ungeheure Strecken gewonnen. Die
Gemeinde Komädi allein hat 2O.0t)() Joch ausgetrockneten Boden aufgebrochen, der
ehedem mit Dickichten von Wasseraloe, mit Sumpf und Sumpfgestrüpp erfüllt war.
Ehe das Land zum ersten Male geackert wird, zündet man die „Wiese" an, und
zwar bei großem Winde „unter dem Wind". Nun ist es aus mit dem bekannten Geflüster
des Rohres, denn ein höllisches Geprassel und Gekrach hebt an, der ganze Rohrwald geht
in Flammen auf. Vor dem rasch um sich greifenden Feuermeer flüchten mit Windeseile, in
der Richtung des Windes, alle Bewohner des Dickichts: voran der Hase, hinter ihm drei»
Wolf und Fuchs, über ihnen in Schwärmen von Tausenden das unabsehbare Volk der
Vögel, das die Luft mit wüstem Geschrei, Gekreisch und Gepiep erfüllt. Schon bei Tage
ist dieser Anblick überraschend, bei Nacht ist er unübertrefflich schön.
„Wiesenbrände" sind im Särret nicht selten. Zur Zeit der Rohrmahd, bei wind-
stillem Wetter, brennen zuweilen die Eigenthümer selbst beträchtliche Lichtungen in das
Gestrüpp, eben nur um das geschnittene Rohr dort abzulegen uud iu dieser Jsoliruug vor
etwaigen Bränden zu schützen. Im Frühling aber sengt man sehr häufig das vom Rohr
übrig gebliebene Struuk- und Krümelwerk ab, nur um den Ertrag des nächsten Jahres
rein zu gewinnen. In dürren Jahren kommt im Särröt auch eine andere, viel gefährlichere
Art von „Wiesenbrand" vor. Auf ausgetrocknetem Sumpfboden, oft auch wenn er schon
der Cultur unterworfen ist, hört man an vielen Stellen den Tritt des Fußes von einer fest
verfilzten, zu einer Art Torf zusammengestandenen Schichte vegetabilischer Abfälle wieder-
hallen — der Boden dröhnt unter dem Fuße, als schritte man über einen Kellerhals. Will
es der Zufall, so geräth durch ein Hirtenfeuer oder durch eiu anderes angelegtes Feuer
der Rasentorf in Brand. Alsbald erfüllt sich die Luft mit einem dem Steinkohlendampf
ähnlichen, aber noch weit erstickenderen Brodem. Als Schlot dient dem Brande irgend
ein Maulwurfsgang, aus dem von Zeit zu Zeit eine gelbe oder bläulichgelbe Flamme
aufschießt. Ein anderes Zeichen des Brandes gibt es auch gar nicht, und wenn die
Torfschichte tief liegt, verräth er sich nur dadurch, daß die Vegetation Plötzlich vergilbt,
verdorrt und abstirbt. An manchen Stellen frißt die Glut jahrelang, kaum einen Fuß
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch