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für Landwirthschaft und Gewerbe. Auf einem Terrain, das ihm die Szarvaser Grund-
herrschaft großmüthig überließ, errichtete er eine Übungsschule nebst Bibliothek, die er auf
eigene Kosten mit den nöthigen Instrumenten und Apparaten versah. Später setzte er sein
Werk in dem durch die Kirche errichteten großen Gebäude fort. Er war auch in Ungarn
der erste Apostel der Bodenverbesserung; ferner akklimatifirte er neue Pflanzen, z. B. die
Luzerne. Die Zahl seiner Schüler stieg auf 900 und er gewann für ihren Unterricht die
besten Professoren. Diese neue Anstalt wurde von vielen hervorragenden Männern besucht
und auch von ausländischen Fachmännern mit Lob überhänft. Trotzdem mnßte dieses
seiner Zeit kühn vorauseilende Unternehmen im Jahre 1798 aufhören. Selbst die wohl-
wollende Verordnung des Königs Franz vermochte es nicht auf sicheren Boden zu stellen.
Der durch die Franzosenkriege erschöpfte Staatsschatz entzog ihm die Unterstützung und so
erlebte Tessedik im Jahre 1806 den großen Schmerz, daß er die Haupterrungenschaft
seines Lebens und Strebens zusammenbrechen sah.
Die volkswirtschaftlichen Verhältnisse waren zu dieser Zeit im Allgemeinen nicht
günstig. Trotzdem brachte der energische Geist Tessediks im Jahre 1792 die Gründung einer
Seidenfabrik in Bekes-Csaba zuwege, welche ungefähr 800 Kindern Beschäftigung und
Belehrung bot. Der erste Erfolg war nicht nur befriedigend, sondern berechtigte wirklich
zu großen Hoffnungen. Die Csabaer Seidenstoffe erregten nicht wenig Aufsehen und das
Comitat ernannte eine eigene Commission zur Förderung der Seidenprodnetion. Doch
erwies sich all dieses schöne Streben theils wegen der Franzosenkriege, theils weil es
keinen Markt für den Verkauf der Seidencocons gab, schließlich unfruchtbar.
Neben der Tefsedik'scheu Nichtuug auf das Reale brachte der Seelsorger Daniel
Boczkö in Szarvas eine geistige Bewegung in Gang, deren Frucht die Gründung des
Gymnasiums zu Mezöbereny (1802) war. Dieses Institut wurde später (1834) durch das
evangelische Seniorat A. C. des Bekeser Comitats in das Tessedik'sche kirchliche Gebäude
zu Szarvas verlegt; jetzt gehört es zu den hervorragendsten Schulen dieser Kategorie im
Lande und ist als solche unstreitig einer der mächtigsten Culturhebel im Comitate. Ihr
schließt sich das sechsclassige resormirte Gymnasium zu Bekes an, das mit Unterstützung
des Grafen Josef Wenckheim im Jahre 1844 gegründet wurde; desgleichen das treffliche
vierclaffige Untergymnasium der Evangelischen in Bekes-Csaba, gestiftet im Jahre 1858
aus Anlaß der Geburt weiland des Kronprinzen Rudolf.
Das Volksschulwesen hat sich in demselben Verhältniß gehoben wie die Zahl und
der Wohlstand der Bevölkerung. Zwischen den verschiedenen Kirchen entstand ein edler
Wetteifer in der Förderung ihrer Schulen, deuu Jedermann begann zu fühlen, daß von
dem Bildungsgrade der jungen Generation auch die Zukunft der Kirche abhänge. Die
confessionslose Schule erfreut sich keiner besonderen Beliebtheit, da das Volk vielfach
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch