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unter gemüthlichen Scherzen sich kennen lernten. Hentigentags versammelt sich das
gemischte Publienm mehr bei Tanzbelustigungen, wie der „Ball der Meister" und „Ball
der Laudwirthe", wo aber die volkstümlichen Typen und Sitten sich nach und nach
verwischen uud ihren anziehenden urwüchsigen Charakter verlieren. Nur bei Kiudstauseu,
Hochzeiten und Leichenschmäusen werden die alten Vvlksgebränche aufrecht erhalten. Da
tauchen noch jene originellen Gestalten auf, welche durch ihre überlieferten Reimsprüche,
Willkomm- oder Abschiedsreden bald laute Heiterkeit, bald Thräuen der Rührung hervor-
znrnfen pflegen. Diese bilden den Stolz des Volkes und sind seine wirklichen Autoritäten,
die sich als mächtig treibeude Kräfte im gesellschaftliche» Lebe» geltend machen.
Die Gewerbetreibenden und wohlhabenderen Landwirthe nehmen sich auch der
Culturiuteresseu des öffentlichen nnd gesellschaftlichen Lebens an. Sie betheiligen sich
lebhaft an den landwirthschastlichen, gewerblichen nnd Leseclubs. Ju Gyula, Csaba uud
Szarvas erscheinen Zeitungen, die sich selbstverständlich besonders den localen Angelegen-
heiten und Juteresseu widmeu.
Uud damit sei diese skizzenhafte Darstellung des Volkes uud der Zustände im
Bekeser Comitate geschlossen.
Die Araber Ebene.
Vor zweihundert Jahren vereinigten sich die Fluten der Weißen und Schwarzen
Körös am Fuße der Burg vou Gyula in dem „unermeßlichen" Sarkader See. Diesen
nmgab ein weithin gedehnter Gürtel von Röhricht, Sumpf und Moor. Dies mag, außer
den siebzehn bei der Vertheidigung von Gyula erhaltenen Wunden, der Grund gewesen
sein, warum Wolfgang Bethlen, der Vater Gabriel Bethlens, des glorreichsten Fürsten
von Siebenbürgen, volle drei Tage brauchte, um vou Gyula aus ununterbrochen durch
Sumpf und Rohr irrend das Besitzthnm seiner Ahnen, das in der Araber Ebene gelegene
Bethlen-Ösi zu erreichen. Die beiden Punkte sind nur 16 Kilometer von einander entfernt!
Von der Müudnng der beideu Körös aufwärts bis dorthin, wo die Schwarze
Körös die Biharer, die Weiße Körös aber die Arader Ebene erreicht, stand damals nichts
als Waldung, uud uach dieser wurde die gauze Gegend Erdöhät (Waldrücken) benannt.
Aus hundertjährigen Eichen und Ulmen bestand dieser Forst, dessen Ausdehnung auf etwa
1.000 Quadratkilometer geschätzt wurde. Zur Zeit der Überschwemmungen war es
schrecklich, dort zu reisen. „Da die Wege" — so berichtet ein Memoirenschreiber des
XVII. Jahrhunderts — „nirgends sichtbar waren, mußten die Soldaten den Wald der
Breite nach angehen und, wo er irgend Öffnungen wies, immer vorwärts dringend, über
Bäche und Wasserrisse hinweg, selbst zn Pferde noch bis unter die Achseln im Wasser, an
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch