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vielen Stellen auch unter den Bänmen die Pferde schwemmend, selbst wo keine Schwemme
war, an noch mehreren Stellen aber sie vom Morgen bis zum Abend bis an die Sattel-
flügel im Wasser waten lassend, also sich hindurcharbeiten." Nur an hügeligeren Stellen
war menschliche Arbeit möglich. Dort standeu die Ortschaften, und zwar ziemlich dicht,
inmitten ihrer Äcker uud Hutweiden, die aber nicht zusammenhingen, sondern durch die
Gewässer zerrissen waren.
Quer durch diesen Urwald liefen die äußere und die innere Grenze (limes) Daeiens,
deren Linien an vielen Orten noch jetzt ganz deutlich wahrnehmbar sind; oft genug wirft
die Pflugschar Gegenstände der Urzeit empor, sowie die Baggermaschine aus deu Flüssen
Mammuthknochen herausholt. In Vadäsz, in Cserinö fanden sich Spuren von Guß-
werkstätten der Bronzezeit, an die Zeit der ersten Ärpaden aber erinnern urwüchsige
kernmagyarische Ortsuamen. Hier besaßen die altmagyarischen Sagensänger, die „Jgriez",
Landeigenthum, denn der Ort Jgriezverse gehörte ihnen, sie besaßen ihn unter demselben
Rechtstitel, wie die Kohlenbrenner, welche gleichfalls königliche Diener waren, Gynla-
Varfänd. Die Köhler fanden wahrlich massenhaften Stoff für ihre Meiler und ebenso
die „Jgriez" für ihr Sagensingen: z. B. wie Velek dieses Land erobert, wie er die Burg
Zaräud gegründet uud wie die Tataren hier gehaust, welche.im Jahre 1241 auf der
Nadaber Insel in der Weißen Körös so viele Ungarn niedermetzelten, daß man dort ihre
Gerippe noch jetzt zu Huuderteu findet.
Doch nicht nur von Säbelgeklirr hat das Lied zu singen. In Fekete-Gyarmat
und Vadäsz au der Schwarzen Körös sind in den zerbröckelnden Kirchen aus dem
XIII. Jahrhundert noch Fresken erhalten als Beweis, daß die Beese-Gregors und andere
mächtige Herren anch die bildenden Künste nicht vernachlässigt haben. Das Christusbild
zu Vadäsz verräth schon durch seiue Composition, daß es nicht das Werk eines gewöhn-
lichen Malers ist.
Markt- und Kaufleute kouuteu die Urwälder sicher durchziehen, so lange nicht die
Türken Herren im Lande geworden. Dann freilich bekam die ganze Bevölkerung einen
anderen Charakter. Die Magyaren wurden es satt, in den Waldverstecken zu luugeru
oder ihren Acker mit dem Säbel in der Faust zu bestellen; sie wanderten also nach anderen,
sichereren Gegenden aus oder giugeu geradeuwegs dem Feinde entgegen. Und doch
verheerten die Türken nicht unbedingt Alles, wenigstens nicht im östlichen Theile des
Erdöhät, in der Gegend von Boros-Jenö. Ja , sie belohnten vielmehr Solche, die
Fruchtbäume gepflanzt hatten. Gerade die Türken haben ein Prachtstück des ungarischen
Obstbaues hier heimisch gemacht, den Siknlaer Apfel, der nach einer kleinen Ortschaft
des Erdöhät beuannt ist und unter seinem eigenen magyarischen Namen in den Welt-
verkehr gelangt.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch