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Am rechten Ufer des Flusses erhebt sich die Burg von Boros-Jenö, die im
XVII. Jahrhundert für einen Schlüssel Siebenbürgens galt und zuweilen auch die Augen
Europas auf sich lenkte. So lange die Türken das ungarische Alsöld nicht besetzt hatten,
ging die Richtung ihrer Angriffe auf Siebenbürgen in der Regel durch das Eiserne Thor
(längs der Temes uud Bisztra, des Hätszeger Thals und des Sztrigyslnfses), und sie
mußten sich mit dieser Linie selbst dann begnügen, als sie auch schou Temesvar erobert
hatten (1552). Durch die Einnahme von Gynla jedoch (1566) bekamen sie auch den
mittleren Abschnitt der Weißen Körös in ihre Gewalt und trachteten nun, sich durch die
Thäler der Weißen Körös und Maros einen Weg nach Siebenbürgen zu bahueu. Seit
Jahrhunderten führte die bedeutendste Kriegs- und Handelsstraße dahin längs der Maros,
nmsomehr also mußten sie bedauern, daß sie deu Schlüssel dieser Liuie, die Festung Lippa,
im XVI. Jahrhundert nur verhältnißmäßig knrze Zeit behanpten konnten. Anderseits
hatte das Thal der Weißen Körös, welches gegen Deva hin mit der Maros dnrch die von
den Fürsten vortrefflich instand gehaltene Kajan-Straße verbunden war, theils wiederum
als Kriegsstraße, theils als direct in den Mittelpunkt des siebenbürgischen Goldbezirkes
führender Weg seine besondere Wichtigkeit. Und den Ausgang dieses Thales bewachte die
Festung Boros-Jenö. Der beste Punkt für die Vereinigung der beiden von hier und von
Lippa aus nach Siebenbürgen eindringenden Heersäuleu war die Gegend von Deva. Das
Thal der Reißenden Körös konnte vorderhand noch nicht in Betracht kommen, da die
Festung Groß-Wardein nebst der gemeinsamen Macht Siebenbürgens und Ungarns den
Ausgang des Thales dergestalt verschloß, daß er nnbezwinglich war. Die Türken forderten
also, um Siebenbürgen in ihrer Macht zu haben, von den Fürsten schon seit der Mitte des
XVI. Jahrhunderts halsstarrig die Übergabe der Festungen Boros-Jenö und Lippa.
Davon wollten die Ungarn nichts wissen. Zwar wurde Lippa am 14. Juui 1616 durch
Bethleu thatsächlich übergeben, damit die Türken nicht statt Schutzherren Siebenbürgens
dessen Beherrscher würden, von der Übergabe Boros-Jenös jedoch wollte er gar nichts
hören. Noch ein halbes Jahrhundert lang verblieb diese Festung ein starker Wall Ungarns,
ja der ganzen Christenheit. Gabriel Haller ließ die Manern aus Trachytquaderu, nnter
Beobachtung aller Grundsätze des Festungsbaues im XVII. Jahrhundert, nen erbauen;
trotzdem gerieth die Festuug wenige Jahre später (3. September 1658) durch deu Verrath
eines Theiles der Besatzung in türkische Hände. Nnn mnßte alsbald auch Groß-Wardein
fallen und mit ihm die Unabhängigkeit Siebenbürgens; die Türken hatten Blut geleckt
und plauteu uuumehr die Eroberung nicht nur Ungarns, sondern anch Deutschlands. Es
bedürfte der mörderischen Schlachten bei St. Gotthard, Wien, Ofen, Mohäcs und Zenta,
um ihre« Hochmuth durch christliche Waffen zu brechen. Durch diese Siege wurde 1693
auch die Festuug Boros-Jeuö wiedergewonnen, aber nur als Rnine. Ihr Hanpttheil
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch