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von den Knöcheln an. von da aber auch bis ans Ende, selbst die Ferse, denn nur die
Spitze des Fußes steckt in dein weißen, mit Goldspitzen besetzten, hinten offenen Pantoffel,
in dem nur die Szegediueriu so geschickt eiuherzuschreiteu, ja selbst zu laufen und zu tauzeu
versteht, daß sie ihn nicht verliert.
Die Tracht der Männer ist von magyarischem Charakter. In der Unterstadt, mit
überwiegend bäuerlicher Bevölkerung, trägt man dunkelblaue Spenzer, Westen mit einer
Reihe silberner Knöpfe, Stieselhosen und runde Hüte. In der Oberstadt ist die Tracht je
nach der Beschäftigung der Leute eine verschiedene. Der .super" (Schopper) trägt einen
braunen kurzen Spenzer mit umgelegten? Kragen und auf die Stiefelröhren herunter
gelassene Pautalous, doch hat der ,tisvr° (Fischer) auch eine verschnürte Tracht uud der
Müller trägt einen hellblauen, fast ins Weiße spielenden Mantel.
Wie bei den meisten in der Ebene wohnenden Völkern, ist auch hier weniger Poesie
zu finden als in den Bergen. Selbst in der Liebe zeigt sich weniger Schwung. Der Klang
der Lieder ist uicht so melancholisch, schmerzlich, wehmuthvoll vibrirend; sie sind die
farbigen Seifenblasen der guten Laune, der Juchhe-Stimmung oder die Ausbrüche eines
wilden Empfindens. Der Szegediner Bursche sucht sich eiue Zukünftige, deren Vermögen
dem seinigen entspricht, oder nach Umständen eine, die kräftig genug ist, einen vollen
Sack spielend aufzuheben, und ihm eine emsige gute Hauswirthin werden kann, und so
denkt auch der Heiratsvermittler, genannt. Dabei ist zu bemerken, daß ein Bnrsche
aus der Oberstadt auch seine Braut dort sucht, denn Niemand heirathet gern aus einem
anderen Stadttheil heraus. Nimmt die erkorene Jungfrau das Schönthun an, welches aus
den Plauderstündchen der Samstagabende besteht, so wird sie dem Burschen ganz unterthau.
Souutag-Nachmittags ist Tanz im Nen-Szegediner Volksgarten, sie aber darf dort mit
keinem Anderen tanzen, wenn der Bnrsche es nicht erlaubt, uud wehe dem, der sich etwa
einfallen ließe, während des Tanzes, wenn die Paare sich auflösen und jedes einzelne für
sich den „Frischen" tanzt, das Mädchen wegznsangen — eine Schlägerei aus Lebeu uud
Tod wäre sogleich fertig.
Der Volksgarten ist der einzige Ausflugsort für 70.000 Seelen. Dort treffen sich
an Sonntagen die Bewohner der einzelnen Stadttheile: das glänzende herrschaftliche
Pnblicum des Palänk, die strammen übermüthigen Bursche der Oberstadt, die uralten
Familien der Unterstadt nnd die koketten jungen Frauen des Rochnsviertels. Herr und
Bauer, Arm und Reich vergnügen sich mit einander. Einen anderen Ort, wo an glühenden
Sommertagen etwas Schatten zu fiudeu wäre, gibt es nicht. Der Makkoswald (Eichen-
wald), der andere Ausflugsort, ist durch die Überschwemmung des Jahres 1879 zu Grunde
gegangen und jetzt in Äcker von Privatleuten verwandelt. Szatymaz aber, wo sich die
Wein- und Obstgärten befinden, liegt zu weit von der Stadt. Dort wächst der schmackhafte
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch