Seite - 502 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Ungarn (2), Band 9
Bild der Seite - 502 -
Text der Seite - 502 -
502
spricht anders als Dorozsma und dieses anders als Horgos, wie dies in charakteristischer
Weise eine alte historische Anekdote zum Ausdruck bringt. Auf der ehemaligen Schiffbrücke
mußte nach dem städtischen Statut Jedermann Brückeumauth zahlen, nur die Szegediuer
nicht. Natürlich führte dies zu zahllosen Mißbräuchen. Die Hinüber- und Herübergehenden
gaben sich immer für Szegediner ans uud die Batzen in der Manthlade wollten sich gar
nicht mehren. Der Magistrat zerbrach sich den Kopf darüber, wie diesem Übel Einhalt zu
thuu wäre. Uud siehe da, ein verschmitzter Einfall half aufs gründlichste, wo lange Jahre
hindurch keine Strenge, keine Coutrole, kein Statut genützt hatten. Dem Mantheinuehmer
wurde nämlich befohlen, fortau die Leute an der Brücke nicht mehr zu fragen, woher sie
seien, sondern an sie die amtliche Frage zu richten: „Womit wird bei Euch die Suppe
gegessen?" Darauf antwortete der Makoer: „Xalännul« (mit dem Löffel), und der
Dorozsmaer: , Xano^vä", worauf der Einnehmer auf sie losfuhr: „Gut, so zahlt die
Mauth uud damit Punktum; denn derSzegediner ißt die Suppe kanüllal (mit dem Löffel)".
Durch spitzfindige Einfälle hat sich Szegedin oftmals gewitzt; auch in den Handel
und Wandel des Volkes sind sie übergegangen und Szegediu war iu dieser Hinsicht stets
dein ganzen Alföld voraus. Seine Märkte waren berühmt, sein Kleingewerbe nahm eine
beherrschende Stellung ein, einzelne seiner kleinen Jndnstrieerzeugnisse (Paprika, Seife,
Tarhouya) wnrden im ganzen Lande beliebt und drangen sogar ins Ausland. Doch dies
versah die Szegediner nur mit Brot, den Kuchen verdienten sie sich durch Fischfang,
Schiffahrt und Holzhandel, die drei Hauptquelleu ihres Wohlstandes, denen sich als
vierte die Eisenbahn anschloß, als die gesammte Prodnction des reichen Landestheiles
hier ihren Durchgangspunkt hatte. Im Außenbezirk besitzen die Ackerbautreibeudeu der
jetzigen zweiundzwanzig Hanptmannschasten eine andere ergiebige Quelle des Gedeihens,
nämlich eine großartige Biehzncht.
Sonderbar genug, daß die alte Bevölkerung Szegedins trotz der Betriebsamkeit
und des Handelsgeistes, welche sie charakterisirten, sich einzelne Handelszweige dennoch
entschlüpfen ließ, so daß diese den Serben anheimfielen, welche im Jahre 1687 herein-
strömten uud sich zwischen den Palissaden (palänk — Planken) der Stadt niederließen.
Der Stadttheil Paläuk wurde das Nest für Elemente verschiedenster Abstammung;
deutsche Gewerbsleute, griechische Krämer verwandelten sich hier durch eine gewisse ethno-
graphische Gährnng in Magyaren, indem sie nach und nach die typischen Eigenschaften
des Szegediner civis annahmen.
Jeden Morgen, seit undenklichen Zeiten, versammelt sich auf dem Platze vor dem
Rathhaus jener Theil der männlichen Bevölkerung, welcher sich mit Kauf uud Verkauf
befaßt. Mehrere hundert Menschen treiben sich dort umher, Großfischer (liser), Schiffs-
zimmerleute (super — Schopper) uud Kaufleute. Zu einer großen Gruppe geschlosseu,
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch