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Nebeneinander breiten sich hier das ausgedehnteste Sumpfgebiet nnd die größte
Sandwüste der ungarischen Tiefebene ans; beide sind in physikalischer und wirthschaftlicher
Beziehung interessant. Durch ihre Beschaffenheit und ihre Eigenthümlichkeiten bilden die
beiden sich der Länge nach berührenden Nachbargebiete einen schroffen Gegensatz zu
einander, nnd dennoch hat das Ganze in mancher Beziehung eiue einheitliche geographische
Individualität. Die Wüste erstreckt sich iu länglichrundem Umrisse von Südosten nach
Nordwesten, während das Snmpfgebiet ein längliches Viereck mit der Läugeuaxe von
Westeu gegen Nordosteu bildet. Der Boden ist bei beiden diluvialen Ursprungs. Aber
während der Bodeu des Alibuuärer Sumpfes schwarzer, weicher, mit Modererde reichlich
gemischter Lehm ist, zeigt sich die Deliblater Wüste mit schmutziggrauem oder lichtem
weißem Flugsand bedeckt, zwischen dessen Schichten aber an vielen Stellen ganz duukel-
gesärbte Hnmnslagen durchbrechen, ein Beweis, daß das Treiben des Flugsandes zeit-
weilig aufhörte und die Stelle mit Pflanzen bedeckt war. Und einen ganz sicheren Schluß
darauf, daß sich hier Leben nnd Aussterbeu der Vegetation oft wiederholt hat, gestattet
der Umstand, daß unter einander in verschiedenen Tiefen verschiedene Humusschichten,
Holzkohlenstückchen, Bruchtheile von Hirsch- und Rehgeweihen angetroffen werden, die
nur aus einer Zeit reicher Vegetation herrühren können.
Ihrer Oberfläche nach ist die Sandwüste im Allgemeinen ein wellenförmiger Erd-
rücken. Die Hügel wachsen bisweilen fast zu Bergen heran, insofern sie sich meist ziemlich
steil bis auf 40 oder 50 Meter über die umliegende Ebene erheben. Hier sind es Bergkegel,
dort langgestreckte Hügelrücken, welche die muldenförmigen trockenen Thäler beherrsche»,
das heißt, so lange es der Wind gestattet. Dieser Wind ist entweder der Südost, der
besonders zur Zeit der Frühlings- nnd Herbst-Souueugleiche drei bis fünf, ja sogar sechs
Woche» laug andauert und sich bisweilen zum Orkan steigert, oder der weniger schädliche
Nordwestwind, der besonders zur Sommerszeit weht. Mit der Richtung dieser Winde
stimmt auch die Richtung der Hügelgrate überein, die sich im Allgemeinen von Südosten
nach Nordwesten hinziehen. Die westliche Seite der Wüste entlang streicht eine mächtige
römische Schanze bis zur Donau hiu; die nördliche Seite senkt sich jäh nnd steil dem
Sumpfgebiete zu, von den: sie durch eine sechs bis acht Kilometer breite fruchtbare Hoch-
ebene mit schwarzem sandigem Boden geschieden ist.
Während ans der Sandwüste im Allgemeinen meist düstere Eintönigkeit, reguugs-
lose Stille herrscht, ist das Snmpfgebiet der Schauplatz wechselreicheu uud geräuschvollen
Lebens, besonders in solchen Frühlingszeiten, wo die Temes so hoch anschwillt, daß sie das
Wasser des Theresienkanals zurückdrängt und zum Überströmen zwingt; das unabsehbare
Überschwemmniigsgebiet ist dann von unzähligen Wasservögeln bedeckt, eine reiche Bente
für die Jäger. Zu anderen Zeiten sind nur Pfützen sichtbar, in denen Blutegel Hausen.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch