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Zufriedenheit Aller zu gießen". Es gelang indeß nicht das Türkenjoch abzuschütteln, denn
der Feldzug nahm für Leopold eine unglückliche Wendung; daher wauderte im Sommer
1690 Arsen Cernovic, serbischer Patriarch von Jpek, der das christliche Heer unterstützt
hatte, mit 39.000 serbischen Familien, deren kirchlichen und weltlichen Behörden, sowie
aller rettbareu Habe nach Ungarn ein. Leopold I. nahm die Fremdlinge gnädig ans. Er
gestattete ihnen (20. August 1691), nach dem Gebrauche der orientalischen Religion den
alten Kalender zu behalten, aus ihrer Mitte, Weltliche und Kirchliche zusammen, einen
Erzbischof vou serbischer Sprache und Religion zu wählen, der über ihre gesammten
kirchlichen Angelegenheiten gesetzt sei. Er fügte noch hinzu: „Auch werde» Wir nach
Möglichkeit bestrebt sein, durch Unsere siegreichen Waffen, mit Gottes Hilfe, das serbische
Volk auf den Boden, den es früher besessen, sobald als möglich, nach Verjagung des
Feindes, zurückzuführen, und es ist Unser Wille, daß die serbische Nation unter der
Administration und Verfügung ihres eigenen Magistrates verbleiben und sich ihrer durch
Unsere Majestät ihr gewährleisteten alten Vorrechte und Gebräuche erfreuen könne". Die
alte Heimat zurückzuerobern gelang freilich nicht und „die serbischen Ankömmlinge mit
tapferem Arm" wurdeu auf königliche Anordnung in Syrmien und dem Baeser Comitat,
ferner iu Arad, Szegediu, Füufkircheu, Mohärs, Stuhlweißeuburg, Ofen, Szent-Endre,
Erlan, Großwardein, Gran, Komorn und Raab augesiedelt. Aus diese» Serbe» wurde
später die sogeuauute Bäcs-Syrmische u»d die Theiß- »nd Maroscher Militärgrenze
gebildet. Als nun erst die Türken vertrieben waren, brachte der wiederhergestellte Friede
die Gegenden Südnngarns bald zur Blüte. Wo früher Sümpfe uud Waldungen, Sand-
wüsten, mit Rohr bedeckte Turfflächen fich erstreckt haben: dort erblühten jetzt Ortschaften,
grüne Saaten und Weiden, auf welcher fette Viehherden grasten. Wo früher nur das
Geheul der wilden Stiere die Stille unheimlich unterbrach, dort berief jetzt das Glocken-
geläute die Gläubigen zum Gotteshaus.
Die Serben haben sich Charakter, körperliche und geistige Eigenschaften und Eigen-
art, Tugenden, Sprache, gute und üble Sitten ihrer Vorfahren bis auf den heutigen Tag
treu bewahrt.
Die zusammenhängende Darstellung der Geschichte der Serben ist jenem Theile
nnseres Werkes vorbehalten, der sich mit der Schilderung von Kroatien und Slavonien
befassen wird, und zwar weil die der ungarischen Krone zugehörigen Serben großentheils
dort wohnen, sowie sich dort der Brennpunkt des kirchlichen, natioualeu uud eulturellen
Lebens der Serben, der Sitz ihres Patriarchen, woselbst anch die serbischen nationalen
Kirchencongresse abgehalten werden, befindet, daher beschränkeil wir uns hierorts nach
dieser kurzen Übersicht der serbischen Einwanderung nur auf die Darstellung des serbischen
Volkslebens.
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch