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Beim Aufbruch vom Hause des Bräutigams singen die Hochzeitsgäste das Folgende:
„Hurtig, Küm! Ja hurtig, Starisvat du!
Unsres Bränt'gams Mutter fleht schou dringend,
Daß Ihr rasch das Schwiegerkind ihr bringet,
Voll den Busen ganz mit Sonnenscheine,
Die Hemdärmel voll mit Mondenscheine."
Wohnt die Braut im Nachbardorfe, so holt man sie mit hübschen, leichten Wagen,
deren Pferde mit Nosmarinstränßen und Haudtücheru geschmückt sind. Boran fahren der
Küm, der Bräutigam und der Dudelsackpfeifer; der nächste Wageil trägt den Dever und
die Verwandten des Bräutigams; hierauf folgen noch viele Wagen voll Mädchen und
Frauen. Bou Seite der Braut kommt ihnen anderes Hochzeitsvolk znm Empfang entgegen;
man steigt von den Wagen ab, man umarmt und küßt sich und tanzt mitten auf der Land-
straße um den Dudelsack her einen regelrechten Kolo. Ist der zu Ende, dann wird wieder
aufgestiegen und unter Gesang und Dudelfackkläugeu nach dem Brauthaufe gefahren, wo
man wieder absteigt uud sich auf der Schwelle mit deu bereits Harreudeu umarmt nnd küßt.
Die Braut kommt am Arme ihres Bruders, meist mit verweinten Augen heran und
wird dem Dever übergeben. Hieraus singen ihr die Freundinnen und zur Hochzeit geladenen
Mädchen ein Abschiedslied:
„Schweig, nicht weine, Mädchen, meine Seele!
Stärker wird dein Mütterlein ja weinen,
Stärker schluchzen, Jammer um dich tragen.
Wenn um Wasser gehn die andern Mädchen
Und ihr Röschen ist nicht mit ani Brunnen,
Und daheim kein Röschen und kein Wasser."
Der Brautmutter aber singen sie:
„Klage nicht, o süße, traute Mutter!
Laß mich, deine liebe Tochter, ziehen.
Bleib' dir zugethan in reiner Liebe,
Ob ich auch jetzt Abschied von dir nehme.
Lohn' dir Gott all deine treue Mühe,
All den Eifer für mein Wohlergehen!"
Dazu blasen die Pseiser auf ihren melancholischen Dudelsäcken, der Dever aber setzt
die Braut auf den Wagen und auch die Übrigen nehmen ihre Plätze ein: fort geht es
unter fchwermüthigen Weisen und unaufhörlichem Jubelgeschrei nach der Kirche, wo der
Dever mit der Braut, der Küm mit dein Starisvat und dem Bräutigam vor deu Altar
treten. Dort vertauscht der Geistliche die Riuge der Berlvbten. Der Erste, der den Altar
verläßt, ist der Priester; dann thut es das Brautpaar, dann der Küm und der Starisvat.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch