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Schürzen, Geld n. s. f.), die von Küm, Starisvat, Dever und Tschansch gesandt, auf
verschiedenartiges Backiverk gelegt dargebracht werden.
Den Schluß macht der Polstertanz. Die Hochzeitsgesellschaft bildet einen Kreis um
den Tschausch und umtanzt ihn, wobei er den Polster, den er in der Hand hält, bald vor
dieses, bald vor jenes Mädchen hinlegt, welches rasch darauf hinknien muß, weuu der
Tschausch das Kisseu uicht noch rascher wieder wegzieht. Weiß ein Mädchen flink auf den
Polster zu knien, so bekommt sie von dem im Kreise Befindlichen einen Kuß und geht
für ihu in den Kreis. Diesen Polstertanz pflegt der Tschausch oft damit zu beeudeu, daß
er den Polster aufschlitzt und die Federn über die Umstehenden ausstreut.
Eine serbische Hochzeit dauert mitunter eine ganze Woche.
Die serbische Familie, sei sie auch noch so zahlreich, trennt sich selten. Vater, Groß-
vater nnd Enkel bleiben beisammen, die Mädchen folgen ihren Gatten, die Söhne aber
heiraten nach Hause. Nur in Familien, wo die Tochter das einzige Kind ist, nimmt man
den Tochtermann ins Haus.
Die juuge Frau trägt im ersten Jahre ihrer Ehe bei allen festlichen Anlässen einen
großmächtigen, ans Knnstblnmen gebauten Kopfschmuck (ubrackäe) und um den Hals die
vielen Gold- und Silbermünzen, die sie als Hochzeitsgefcheuke erhalten hat. Begegnet sie
auf der Gasse einen« alten Mann aus der Verwandtschaft, so küßt sie ihm die Hände,
einem jungen aber Augen, Muud uud Wange. Eine Woche nach der Trauung beginnen
die Besuche der Verwaudteu bei dem jungen Paar und daueru drei Tage lang unter
fortwährender Schmauserei, bei Dudelsack und Tanz.
Beerdignngsgebränch e (poZied). Ist Jemand gestorben, so wird er durch die
Angehörigen oder gedungene Klageweiber beweint, die seine guten Eigenschaften in Stegreif-
gesängen verherrlichen. Vor der Beerdigung trägt man ihn in die Kirche, wo die Leichen-
ceremonien verrichtet werden; nach der Einsegnung schafft man ihn auf deu Gottesacker
hinaus. Nach dem Begräbnis; darf der Leichenschmaus nicht fehlen. Am folgenden Tage
tragen die Frauen Speise und Trank auf den Friedhof uud vertheile» das um der ewigeu
Seligkeit des Verstorben willen an arme Leute und Bettler, während sie das Grab mit
Wein besprengen.
Vvlksglanbe nnd Aberglaube. Die Serben, besonders die Weiber, glanben
fest an allerlei Zauber und an jedes Familienereigniß knüpft sich der Aberglaube. Das
sind jedenfalls Reste des Heidenthnms, welche das Christenthum uicht ganz verwischen
konnte, ja es werden sogar die christlichen Heiligen heidnisch gemacht. So ist der heilige Elias
zum Douuergott, die Jungfrau Maria zur Göttin des Blitzes, der heilige Panteleimon
zum Gebieter der Stürme und der heilige Nikolaus zum Herrn der Gewässer geworden.
„Hilf Gott uud heiliger Nikolaus!" ruft der Serbe im Wogensturm.
Ungarn II. 41
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch