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Darauf die Mädchen:
„Flatterhafter, gib »ur Ruh',
Schlimmer Schmeichelvogel du!"
Und wieder die Burschen:
„Sag' doch, wau» ich dich betrog!
Wohl als deinen Kuß ich sog?
Als ich küßte dein Gesicht,
Blieb mein Mund doch haften nicht/'
Der Kolo-Reigen ist ein Halbkreis oder eiu Kreis, der den iu der Mitte stehenden
Dudelsackpfeifer nmtanzt. Der Pfeifer schlägt zugleich mit Kopf und rechtein Fuß den Takt,
und wenn er erst warm geworden, dudelt er auch noch mit, was er auf dem Instrumente
bläst. Der Kolo währt zwei bis drei Stunden fort und zwei bis drei Tänze füllen den
Nachmittag und die Nacht. Die Gehänge von Gold- uud Silbermünzen am Halse der
Frauen klingen taktmäßig in den Kolo hinein. Manchmal jauchzen die jnngen Burschen hoch
auf oder sagen Scherzreime, doch so, daß sie den Takt der Tanzmusik nicht stören. Solche
Zwischenrufe sind:
„Brech ick) mir anch gleich den Rücken,
Will ich doch mich nimmer drücken!"
Oder:
„Schwatzt' ich mich nur heiser da,
Liebtest du mich heißer, ja!"
Werfeu wir uuu einen Blick auf die Gebräuche, die sich an gewisse Jahreszeiten
knüpfen.
Erntefeste s^etva). Bei den wohlhabenderen serbischen Bauern bekommen die
Schnitter statt Geld einen Antheil vom Erträgnis; und überdies Speise nnd Trank
während der Erntezeit. Gegen Mittag tragen ihnen die Franen auf dem Rücke», in der
Hand oder auf einen Esel gepackt das warme Esseu und frische Brot aufs Feld hinaus.
Der Leiter des Schnittes ruft die Mittagsstunde ans, die er so genau trifft, als hätte er
die Uhr iu der Tasche. Ist die Ernte zu Ende, so wird getheilt: dies dem Baner, das den
Arbeitern.
Der letzte Tag ist Festtag. Die Schnitter binden ans Feldblumen nnd Ähren einen
Kranz, setzen diesem zwei recht hohe uud oben gekreuzte Bogeugeflechte auf und krönen mit
diesem Kvpfpntz einen Schnitter, der das kalte Wasser nicht allzusehr scheut. Dauu zieheu
sie feierlich, der Bekräuzte voran, uuter mannigfachen Gesängen, die den Schöpfer ver-
herrlichen („Gott hat nns nunmehr geholfen", „Gott sei Ruhm iu Himmels Höhen") oder
den Arbeitgeber lobeu, durch die Gassen des Dorfes vor das Hans ihres Herrn. Die Scene
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Ungarn (2), Band 9
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Ungarn (2)
- Band
- 9
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.56 x 21.98 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch