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weiter zurück und umsäumen, vielfach ein- und ausgebuchtet, ein 12 Kilometer langes
Sumpfland, das im Hintergrund der Hafenbucht von Cittauuova als „Porto Torre" endet.
Macht man eine analoge Querreise von Pareuzo über Pisino bis zum Ostrand des
Landes bei Albona auf durchaus guter Chaussee, so gewährt es nach längerer Fahrt über
das abwechselnd steinige und rotherdige Plateau einen überraschenden Anblick, wenn man
in der Gegend von Antignana an den Rand einer Spalte kommt, welcher die Straße eine
lange Strecke weit folgen muß, weil sie das breite und tiefe Thal nicht zu übersetzen
vermag. Es ist das die sogenannte (zu deutsch Thal). Man blickt da auf 200 bis
300 Meter hohe mäßig steile, zwar steinige, aber doch vielfach bewaldete Gehänge hinunter,
und tief unten im Thalgrund, wo man etwa einen Wildbach mit verwüsteten Schuttufern
erwarten würde, breiten sich auf ebenem Boden vielfarbige Ackerculturen mit ihren regel-
mäßigen Parcellen in mannigfaltigen Stadien des Wachsthums oder der Reife aus;
grüne Wiesenstreifen wechseln mit den Feldern ab; Zickzackpfade, auf denen die Bearbeiter
der Thalgründe täglich mindestens 200 Meter ab- und aufsteigen müssen, verbinden den
Thalgrund mit den Gehängen und dem Plateau; unten gibt es keine Wohnungen, da
man dort das Fieber fürchtet. Ein Wasserlauf zeigt sich uur mit Unterbrechungen uud in
normalen Zeiten mit geringer Breite und langsamem Laufe. Die über 35 Kilometer lange
Draga hat ihre obersten Wurzeln in geringer Entfernung westlich von Pisino, wo sie bald
100 bis 150 Meter tief ins Plateau einschneidet und nach kurzem Verlauf schon fast die
doppelte Tiefe bei einer Sohlenbreite von 300 bis 400 Meter erreicht. Tiefgründiger ebener
Boden begünstigt da die Culturen in hohem Grade und diese bieten einen erfreulichen
Anblick im Gegensatz zu den hohen Felsenwänden, die zu beiden Seiten aufragen.
In der Gegend von Canfanaro, wo von zwei hohen Zwillingsfelsen die Ruinen der
Lastelli« herabschauen, verengt sich das Thal und wendet sich nach Westen, wird
steiler und enger als an der eben betrachteten oberen Strecke, daher auch weniger cnltivirt
und verläuft so, noch immer über 100 Meter tief eingeschnitten, bis zu dem Punkte, der
als ,(!ul cki bekannt ist. Hier beginnt die Senkung unter die Adria und diese letzte
Strecke des Thales ist der sogenannte „Kanal von Leme".
Das genannte Kastell thront auf der Höhe von 127 Meter, läßt aber wegen der
mehrfachen Windungen des Kanals nur eine kürzere Strecke desselben überblicken. Eine
besondere Thätigkeit hat sich in diesem Fjord der Adria nicht entwickelt, obwohl er vom
Meere herein auf eine Länge von 5 Kilometer eine Breite von 400 bis 500 Meter nnd
eine Tiefe von 20 bis 30 Meter besitzt; es gibt hier nur eine ganz unbedeutende Schiffs-
bewegung und es stellt sich ein eigenthümliches Gefühl von Stille nnd Einsamkeit ein,
wenn man aus einem der benachbarten Hafenorte des westlichen Jstrien den Kanal von
Leme besucht uud die Fahrt bis unterhalb des Kastells fortsetzt.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Band 10
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Das Küstenland
- Band
- 10
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.63 x 22.44 cm
- Seiten
- 390
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch