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ohneweiteres gesagt werden muß, daß vom landschaftlichen Standpunkt ans die ganze
Strecke, dereu Begrenzung eben angedeutet wurde, einen einheitlichen Charakter besitzt,
welcher eben nur für das Ganze im Zusammenhang geschildert werden kann.
Bei der Frage, worin die Eigenthümlichkeiten dieses landschaftlichen Bildes bestehen,
und ob es insbesondere von hervorragender Schönheit sei, müssen wir zunächst zwei
Momente bei Seite lassen: erstens die naive Begeisterung Derjenigen, welche überhaupt
bei Abbazia zum ersten Mal das Meer erblicken, bei denen also die Neuheit des Anblicks
allein schon eine große Wirkung übt; danu auch jene Eigenthümlichkeiten, welche nuserem
ganzen Littorale, ja dem größten Theile der mediterranen Küste überhaupt zukommen.
Wenn wir uns aber auch auf Dasjenige beschränken, was als specifisch für Abbazias
Umgebung bewachtet werden kann, so ergibt sich immerhin, daß hier die Kriterien des
Schönen zugleich mit jenen des Lieblichen und Freundlichen zusammenfallen, im Gegensatz
znm romantisch Schönen oder auch Groteske«, was vielfach den augreuzeudeu Küsten-
striche» zukommt. Eine nähere Betrachtung mnß selbstverständlich wieder von der Terrain-
gestaltung ausgehen.
Diese bietet nun hier nicht, wie auf der bisher geschilderte» Strecke der istriauifcheu
Ostküste, mächtige, von den Höhen znm Meer herablaufeude Wälle oder Rippeu, welche,
meist mit einem steilen Felsenvorspruug am User des Meeres endigend, zur Anlegung vou
Burgen und befestigten Orten Anlaß gaben; auch fehlen größere, dazwischen liegende
Thäler, welche bei ihrem Eintauchen unters Meer geräumige und sichere Häfen bilden.
Hier ist vielmehr das Gehänge des Monte Maggiore mehr nach der Qnere gegliedert, so
daß es aus hintereinander aufsteigenden Wällen besteht; die ins Meer vorspringenden
Landzungen sind nicht scharfeckig, sondern sanft gerundet und bilden eine gewellte Küsten-
linie, welche insbesondere von der Höhe, etwa von Eastna aus, betrachtet, au diejenige
von Sorrento bei Neapel erinnert, jedoch keine bedeutenderen Hasenbnchten darbietet.
Eine solche Gegend konnte weder zur Anlegung fester Plätze auf dominireudeu
Felsenhöhen, noch zur Entstehung größerer geschlossener Handelsorte Anlaß geben, und
was sich dort ansiedelte und ausbreitete, konnte hauptsächlich nur den Zweck landesüblicher
Cultur des Bodens haben. Schon aus diesem Grunde erklärt es sich, daß hier der Charakter
des Friedlichen und Idyllischen vorwaltet, welcher den beiderseits benachbarten Küsten-
strichen fehlt. Die Anmuth der Gegend wird erhöht durch eine reichlichere Vegetation,
welche anf dem minder schroffen Terrain sich leichter ansiedeln und erhalten konnte, und
insbesondere durch die dichten Lorbeerhaine, welche hier häufiger als an irgend einem
anderen Punkt der Küste erscheinen.
So entstand denn auch Abbazia weder zu kriegerischen, noch zu mercantilen Zwecken,
nicht altes Festungsgemäuer findet sich daselbst, nicht eine verfallene Burg bildet das
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Das Küstenland, Band 10
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Das Küstenland
- Band
- 10
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1891
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.63 x 22.44 cm
- Seiten
- 390
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch